Das Verwaltungsgericht Osnabrück hat eine Baugenehmigung für vier Mehrfamilienhäuser mit Seniorenwohnungen aufgehoben. Der Eigentümer eines Verbrauchermarkts hatte befürchtet, wegen der heranrückenden Wohnbebauung später mit lärmmindernden Auflagen für seinen Markt konfrontiert zu werden. Das Gericht bestätigte dies und nahm eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots an.
Darum geht es
Die Mehrfamilienhäuser sind bereits errichtet. Der Eigentümer des unmittelbar westlich davon gelegenen Verbrauchermarkts hatte zunächst Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt, den der beklagte Landkreis im März 2019 zurückgewiesen hatte.
Der Kläger hatte geltend gemacht, der Landkreis habe bei der Genehmigung der Wohnnutzung nicht hinreichend berücksichtigt, dass die heranrückenden Seniorenwohnungen durch den Betrieb seines Verbrauchermarktes verstärkt Lärmimmissionen ausgesetzt seien. Insoweit befürchte er, mit lärmmindernden Auflagen für den Betrieb seines Marktes konfrontiert zu werden.
Während des zwischenzeitlich zum Ruhen gebrachten Klageverfahrens hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht auf den dort gestellten Normenkontrollantrag des hiesigen Klägers im Mai 2021 den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 4 „Südlich der Hannoverschen Straße“ der Gemeinde Bad Rothenfelde aufgehoben, der Grundlage für die Baugenehmigung war.
Das Oberverwaltungsgericht begründete diese Aufhebung im Wesentlichen mit der ungelösten Lärmproblematik, die einen beachtlichen Abwägungsfehler darstelle (Niedersächsisches OVG, Urt. v. 12.05.2021 - 1 KN 87/16).
Wesentliche Entscheidungsgründe
Auch das Verwaltungsgericht Osnabrück, das das Klageverfahren gegen die Baugenehmigung nach dem Normenkontrollurteil wiederaufgenommen hat, sieht in dem ungelösten Lärmkonflikt eine Rechtsverletzung des Klägers.
Durch die genehmigte heranrückende Wohnbebauung verschlechterten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen der Verbrauchermarkt betrieben werden könne. Der Verbrauchermarkt wahre die Lärmschutzansprüche der Seniorenwohnungen nicht.
Entgegen der Ansicht des Landkreises könnten diese auch weitergehende Lärmschutzansprüche an den Verbrauchermarkt stellen, als die bereits vorhandene Wohnbebauung in der Umgebung.
Aus diesem Grund sei eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gegeben. Das Rücksichtnahmegebot könne nämlich auch dann verletzt sein, wenn ein vorhandener und genehmigter Betrieb, wie der Verbrauchermarkt, durch die hinzutretende Wohnbebauung mit nachträglichen Lärmschutzauflagen rechnen müsse.
Der Vorsitzende führte in seiner mündlichen Urteilsbegründung weiter aus, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung auch nicht teilbar sei. Das Vorhaben sei als Ganzes beantragt und genehmigt worden. Es handele sich um eine Wohnanlage mit vier Häusern.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
Verwaltungsgericht Osnabrück, Urt. v. 16.09.2021 - 2 A 66/19
Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück, Pressemitteilung v. 16.09.2021