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Familienrecht -

„Handschuh-Ehe“ kann wirksam sein

Eine in Abwesenheit eines Ehepartners nach ausländischem Recht geschlossene sog. Handschuh-Ehe widerspricht nicht dem ordre public, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auch für den Willen zur Eheschließung eine Vertretung vorliegt. Das hat das OLG Frankfurt für eine in Afghanistan geschlossene Ehe entschieden. Auf den Hilfsantrag hin wurde die Ehe allerdings geschieden.

Darum geht es

Die Beteiligten, beide afghanische Staatsangehörige, haben im Januar 2022 in Afghanistan die Ehe in Form einer sog. Handschuh-Ehe geschlossen. 

Bei der Eheschließung war nur die Antragsgegnerin anwesend, nicht aber der Antragsteller, der seit 2015 in Deutschland lebte. Seit der Verlobungsfeier 2019 telefonierten die Beteiligten regelmäßig miteinander, insbesondere fanden Videotelefonate statt. 

Im August 2022 flüchtete die Antragsgegnerin nach Deutschland und traf dort erstmals auf ihren Mann. Die Beteiligten hielten sich etwa drei Wochen zusammen bei einem Bekannten auf. 

Aufgrund einer dann erfolgten Selbstmeldung und ihrer eigenen Alterseinschätzung wurde die Antragsgegnerin als unbegleitete minderjährige Jugendliche in Obhut genommen.

Der Antragsteller beantragt die Aufhebung der in Afghanistan geschlossen Ehe, hilfsweise die Scheidung. Er behauptet, die Antragsgegnerin habe nur zum Erhalt eines Visums für die Einreise nach Deutschland mit ihm die Ehe geschlossen.

Das Amtsgericht hat auf den Hilfsantrag hin die Ehe der Beteiligten geschieden, den Antrag auf Aufhebung der Ehe jedoch zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller weiterhin die Aufhebung der Ehe. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Diee Beschwerde gegen die Entscheidung der Vorinstanz hatte vor dem OLG Frankfurt am Main keinen Erfolg. Der zuständige Familiensenat bestätigte die Ansicht des Amtsgerichts, dass kein Aufhebungsgrund für die in Afghanistan geschlossene sog. Handschuhehe vorliege. 

Der Anerkennung der in Afghanistan unstreitig als Handschuhehe geschlossenen Ehe im Inland steht demnach der deutsche ordre public nicht entgegen. 

Da keiner der Beteiligten geltend mache, dass die Eheschließung nicht dem Willen der Eheleute entsprochen habe, fehle es an Anhaltspunkten, der Stellvertreterehe aus diesem Grund die Wirksamkeit zu versagen. 

Aufgrund der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse bestünden auch keine vernünftigen Zweifel an der Volljährigkeit der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Eheschließung. 

Die eigenen Angaben der Antragsgegnerin zu ihrem angeblichen Geburtsdatum seien hinsichtlich der weiteren im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse nicht plausibel und damit nicht nachvollziehbar. 

Dabei komme dem in Kopie vorliegenden afghanischen Reisepass der Antragsgegnerin eine erhöhte Beweiswirkung zu. Diese sei weder durch die variierenden, widersprüchlichen Erklärungen der Antragsgegnerin noch durch die sog. Tazkira, ein vom Personenstandsregisteramt ausgestelltes Identitätsdokument, in Zweifel gezogen worden. 

Dem stehe auch nicht entgegen, dass das Jugendamt zum damaligen Zeitpunkt keinen Anlass gehabt habe, die Angaben der Antragsgegnerin anzuzweifeln.

Ein Aufhebungsgrund nach afghanischem Recht liege ebenfalls nicht vor. Dazu zähle u.a. die Nichterfüllung einer Bedingung. 

Dass das spätere Zusammenleben in Deutschland eine derartige Bedingung gewesen sei, ergebe sich schon nicht aus dem Vortrag des Antragstellers. Über die konkrete Ausgestaltung der Ehe seien unstreitig keine Gespräche geführt worden. 

Der Antragsteller habe zudem ausreichende Erkenntnisquellen gehabt, um eine etwaig andere Motivation der Antragsgegnerin in Erfahrung zu bringen. Zudem sei es gut möglich, dass sich der Wunsch der Antragsgegnerin, allein zu leben, erst im Lauf der allein bewältigten Flucht nach Deutschland gebildet habe. 

Der Aufhebungsgrund des Betrugs in Form der Täuschung über einen körperlichen oder geistigen Mangel liege ebenfalls nicht vor. Fehle es an einem Aufhebungsgrund, habe das Amtsgericht die Ehe zu Recht auf den Hilfsantrag hingeschieden.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.04.2024 - 6 UF 204/23

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 29.04.2024

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