Das Gesundheitsamt des Saarpfalz-Kreises durfte eine zweiwöchige häusliche Quarantäne für einen Schüler einer Homburger Grundschule anordnen, der mit einem mit dem Coronavirus infizierten Schüler der Parallelklasse die Nachmittagsbetreuung besucht hat. Dies hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes entschieden und einen Eilantrag der Eltern des Viertklässlers zurückgewiesen.
Darum geht es
Nachdem an einer Homburger Grundschule ein Schüler der 4. Klasse positiv auf das Coronavirus getestet worden war, hat das Gesundheitsamt des Saarpfalz-Kreises angeordnet, dass dessen Mitschüler sowie die in der Nachmittagsbetreuung der Freiwilligen Ganztagsschule gemeinsam mit ihm betreuten Schüler der Parallelklasse sich jeweils für 14 Tage in Quarantäne zu begeben hätten.
Hiergegen wandten sich die Eltern eines der betroffenen Schüler der Parallelklasse mit einem Eilantrag an das Gericht und machten geltend, dass ihr Sohn keinen näheren Kontakt zu dem zuvor positiv auf das Coronavirus getesteten Schüler aus der Parallelklasse gehabt und daher nur ein geringes Ansteckungsrisiko bestanden habe; zudem sei ihr Sohn zweimal negativ getestet worden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil nach den Erkenntnismöglichkeiten des Eilrechtsschutzverfahrens Vieles dafür spreche, dass die Anordnung der vierzehntägigen Quarantäne auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes rechtmäßig ist.
Das Gesundheitsamt durfte nach Auffassung des Gerichts davon ausgehen, dass der betroffene Schüler eine Kontaktperson der Kategorie I im Verständnis der aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts - RKI - zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei respiratorischen Erkrankungen durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 ist.
Nach der aktuellen Risikoempfehlung des RKI bestehe ein höheres Infektionsrisiko (Kategorie I) bereits für Personen, die nach Risikobewertung durch das Gesundheitsamt mit hoher Wahrscheinlichkeit einer relevanten Konzentration von Aerosolen auch bei weiterem Abstand zum bestätigten COVID-19-Fall als 1,5 m ausgesetzt gewesen seien oder wenn sich zusätzlich zuvor der bestätigte COVID-19-Fall eine längere Zeit (mehr als 30 Minuten) im Raum aufgehalten habe.
Eine solche Gefährdungslage dürfte vorgelegen haben, da der betroffene Schüler über 90 Minuten und damit deutlich länger als die seitens des RKI als Risikoindikation angegebene Dauer von mehr als 30 Minuten in einem geschlossenen Raum und in Gegenwart eines positiv auf COVID-19 getesteten Kindes betreut worden sei.
Zudem dürfte im Rahmen der Nachmittagsbetreuung der Grundschulklassen eine schwer zu überblickende Kontaktsituation mit dem bestätigten COVID-19-Fall vorgelegen haben, die eine Einstufung der betroffenen Kinder als Kontaktpersonen der Kategorie I auch unabhängig von einer individuellen Risikoermittlung tragen könne.
Bei Feststellung einer Kontaktperson der Kategorie I empfehle das RKI aber die Anordnung einer häuslichen Quarantäne für 14 Tage.
Dem Erfordernis einer 14-tägigen Quarantäne stünden auch nicht die beiden negativen Testergebnisse entgegen. Diese rechtfertigten nicht die Annahme, dass der betroffene Schüler nicht mehr ansteckungverdächtig sei, da das Testergebnis nur eine Momentaufnahme darstelle.
Auch eine Person, die zuvor noch negativ auf das Coronavirus getestet worden sei, könne innerhalb der Inkubationszeit noch eine Infektion entwickeln. Nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand könne die Inkubationszeit bei COVID-19 bis zu 14 Tage betragen.
Eine Maskentragungspflicht in der Schule komme als weniger einschneidendes Mittel zum Infektionsschutz nicht in Betracht, da eine Mund-Nasen-Bedeckung die Mitschüler weniger effektiv schütze als die Quarantäne des betroffenen Schülers.
Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu.
Verwaltungsgericht des Saarlandes, Beschl. v. 18.09.2020 - 6 L 977/20
Quelle: Verwaltungsgericht des Saarlandes, Pressemitteilung v. 18.09.2020