Wann lösen Finanzierungsleistungen für Immobilien als Schenkungen bzw. unbenannte Zuwendungen unter Ehepartnern Pflichtteilsergänzungsansprüche aus? Die unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils am Grundstück kann zu solchen Ansprüchen führen. Auch Finanzierungsleistungen des Erblassers können nach dem BGH relevant werden. Unterschiede gibt es bei Tilgungs- und Zinszahlungen.
Sachverhalt
Der Erblasser und seine hier beklagte zweite Ehefrau lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Jahr 1997 übertrug der Erblasser den hälftigen Anteil an einem von seinem Vater stammenden Grundbesitz als im Übertragungsvertrag so bezeichnete „ehebedingte Zuwendung“ auf seine zweite Ehefrau. Der von den beiden zuvor aufgenommene und grundbuchrechtlich gesicherte Bankkredit i.H.v. 250.000 DM valutierte zum Zeitpunkt des Erbfalls im Jahr 2009 i.H.v. ca. 108.000 €.
Die bis dahin erfolgten Tilgungsleistungen von ca. 19.700 € und die bis dahin erfolgten Zinszahlungen von ca. 112.600 € wurden vom alleinigen Konto des Erblassers bezahlt. Die beiden Söhne machten sowohl im Hinblick auf die Übertragung des hälftigen Hausgrundstückes als auch im Hinblick auf die Zins- und Tilgungsleistungen Pflichtteilsergänzungsansprüche (Pflichtteilsquote je 1/8) geltend.
Das Berufungsgericht hat die Klage bezüglich der geltend gemachten Pflichtteilsergänzungsansprüche aus den Zins- und Tilgungsleistungen abgewiesen und im Übrigen der Klage stattgegeben.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Die Revision hatte teilweise Erfolg. Der BGH verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück.
Der BGH stellt zunächst klar, dass das Berufungsgericht zu Recht die hälftige Übertragung des Hausgrundstücks als pflichtteilsergänzungsrelevante Schenkung eingeordnet hat. Da das Hausgrundstück zum Zeitpunkt der Schenkungen unstreitig einen höheren Wert als beim Erbfall hatte, ist für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruches der Erbfallwert maßgebend. Dieser berechnet sich nach dem Wert des Grundstückes abzüglich des Wertes der noch valutierenden Grundschuld.
Weiter führt der BGH aus, dass die vom Erblasser geleistete Tilgungsleistung keinen zusätzlichen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründen. Die Tilgungsleistungen sind in den fiktiven Nachlasswert im Hinblick auf das Grundstück eingeflossen. Denn im gleichen Maße, wie die Tilgungsleistungen erbracht wurden und sich die Höhe der valutierenden Grundschuld dadurch verringert hat, hat sich der Wert des Grundstückes erhöht.
Bezüglich der allein vom Erblasser erbrachten Zinszahlungen könnte nach Ansicht des BGH jedoch eine pflichtteilsergänzungsrelevante Schenkung in hälftiger Höhe vorliegen.
Da mit den Zinszahlungen auch eine Schuld der Ehefrau erfüllt wurde, lag auch eine Schenkung an diese vor. Die Zinszahlungen verkörpern sich auch nicht im Wert des Hausgrundstückes.
Allein fraglich ist nach dem BGH, ob die Ehefrau aus dem Vermögen des Erblassers heraus bereichert worden ist. Denn grundsätzlich hätte der Erblasser nach § 426 Abs.1 Satz 1 BGB einen Ausgleichsanspruch gegen seine Ehefrau. Möglicherweise könnten die Eheleute jedoch etwas anderes vereinbart haben.
Da das Berufungsgericht zum Innenverhältnis der Eheleute im Hinblick auf die Zinszahlungen bisher keine Feststellungen getroffen hat, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuweisen. Weiter hat sich das Berufungsgericht nach dem BGH auch mit der Frage zu beschäftigen, ob die Zinszahlungen (anstelle von möglichen Mietzahlungen) möglicherweise ein gem. §§ 1360, 1360a BGB geschuldeter Beitrag zu den gemeinsamen Wohnkosten war.
Folgerungen aus der Entscheidung
Schon im Jahr 1991 hat der BGH mit Urteil vom 27.11.1991 ( IV ZR 164/90) entschieden, dass die sogenannte unbenannte Zuwendung unter Ehegatten im Erbrecht grundsätzlich wie eine Schenkung zu behandeln ist.
In dieser Entscheidung hat der BGH nun klargestellt, dass neben den möglichen Pflichtteilsergänzungsansprüchen aus der Übertragung eines (hälftigen) Miteigentumsanteils an den Ehepartner auch geleistete Zinszahlungen ggf. Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen können.
Praxishinweis
Die Problematik der ehebedingten Zuwendungen tut sich im Rahmen der Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen häufig auf. In der derzeitigen „Erblassergeneration“ kommt es oft vor, dass der Ehemann Alleinverdiener sowie die Ehefrau Hausfrau war und die Wohnimmobilie im hälftigen Miteigentum steht.
In solchen Fallkonstellationen ist auf Seiten des Pflichtteilsberechtigten regelmäßig die ggf. damit verbundene Pflichtteilsergänzungsrelevanz aufgrund den möglicherweise damit verbundenen Schenkungen sorgfältig zu prüfen. Ist aufgrund der äußeren Umstände keine Gegenleistungen ersichtlich, hat der Erbe die sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf die Entgeltlichkeit und damit auf das Fehlen einer Schenkung.
BGH, Urt. v. 14.03.2018 – IV ZR 170/16
Quelle: Rechtsanwalt Ralf Mangold