Wann können Käufer von Gebrauchtwagen den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag erklären? Der BGH hat nun geklärt, unter welchen Voraussetzungen dem Käufer eine Nacherfüllung durch den Verkäufer nicht zugemutet werden kann. Ein Käufer muss sich demnach bei einem trotz erheblicher Mängel und fehlender Verkehrssicherheit als „TÜV neu“ verkauften Fahrzeug nicht auf eine Nacherfüllung einlassen.
Darum geht es
Die Klägerin hatte am 03.08.2012 von dem beklagten Autohändler einen 13 Jahre alten Pkw Opel Zafira mit einer Laufleistung von 144.000 km zum Preis von 5.000 € gekauft.
Entsprechend der im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung ("HU neu") war am Tag des Fahrzeugkaufs die Hauptuntersuchung (TÜV) durchgeführt und das Fahrzeug mit einer TÜV-Plakette versehen worden.
Am Tag nach dem Kauf versagte der Motor mehrfach. Die Klägerin ließ das Fahrzeug untersuchen und erklärte mit Schreiben vom 30.08.2012 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt, unter anderem wegen der bei der Untersuchung festgestellten erheblichen und die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Korrosion an den Bremsleitungen.
Der Beklagte bestritt eine arglistige Täuschung und wandte ein, dass die Klägerin ihm keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben habe und der Rücktritt deshalb unwirksam sei.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage der Käuferin hatte in allen Instanzen Erfolg.
Der BGH hat allerdings hinreichende Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer arglistigen Täuschung des Beklagten vermisst.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts erwies sich jedoch aus anderen Gründen als richtig. Denn der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises ergibt sich jedenfalls aus dem von ihr hilfsweise erklärten Rücktritt.
Das gekaufte Fahrzeug war mangelhaft, weil es sich entgegen der vereinbarten Beschaffenheit aufgrund der massiven, ohne weiteres erkennbaren Korrosion nicht in einem Zustand befand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette am Tag des Kaufvertrags rechtfertigte.
Die Klägerin war deshalb auch ohne vorherige Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt, weil eine Nacherfüllung für sie nach § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar war. Angesichts der beschriebenen Umstände hat die Klägerin nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des beklagten Gebrauchtwagenhändlers verloren und musste sich nicht auf eine Nacherfüllung durch ihn einlassen.
BGH, Urt. v. 15.04.2015 - VIII ZR 80/14
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 15.04.2015