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Nachbarstreit: Wann ist die Überwachungskamera zu dulden?

Wann sind Überwachungskameras von Nachbarn zulässig? Das Amtsgericht Gelnhausen hat entschieden, dass eine unzulässige Videoüberwachung schon dann vorliegt, wenn nur die theoretische Möglichkeit besteht, mit einer elektronisch schwenkbaren Kamera das Nachbargrundstück zu erfassen. Insoweit reicht es aus, wenn der Nachbar sich in nachvollziehbarer Weise beobachtet fühlen kann.

Darum geht es

Zwischen den Parteien besteht ein seit Jahren angespanntes Nachbarschaftsverhältnis.

Auf dem Grundstück des Verfügungsklägers befindet sich ein Mehrfamilienhaus mit Wohnungen. Allerdings ist zwischen den Parteien streitig, ob diese Wohnungen bereits vermietet sind.

Der Grundstückseigentümer hat gegen den Eigentümer des Nachbargrundstücks den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt dahingehend, dass die von diesem betriebene Kamera so eingerichtet werden müsse, dass sie sein Grundstück nicht erfassen kann. 

Der Nachbar wendete hiergegen ein, seine Kamera sei nicht auf das Nebengrundstück ausgerichtet. Die Kamera besitzt einen elektronischen Steuerungsmechanismus, der selbstständig Personen nachverfolgen kann. Der genaue Umfang dieser Nachverfolgungsfunktion ist streitig.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht Gelnhausen hat dem Antrag stattgegeben. 

Zunächst hat das Gericht klargestellt, dass es unerheblich sei, ob in dem Haus des Verfügungsklägers tatsächlich bereits Mieter wohnten. Denn da das Grundstück unstreitig im Eigentum des Verfügungsklägers stehe, liege der Anspruchsgrund bereits in seiner Person begründet. 

Darauf, ob die Kamera das Nachbargrundstück tatsächlich erfasst, komme es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ebenfalls nicht an. 

Es sei bereits unzulässig, dass sie - wie vorliegend gegeben - über einen elektronischen Mechanismus auf das Nachbargrundstück ausgerichtet werden könne. 

Denn es sei bereits unzulässig, durch die Existenz einer Kamera bei dem Nachbarn ein zumindest nachvollziehbares Gefühl zu erzeugen, er könne jederzeit beobachtet werden (sog. „Überwachungsdruck“). 

Ein Überwachungsdruck könne nur dann ausscheiden, wenn der Winkel der Kamera nur mit erheblichem und sichtbarem manuellen Aufwand, auf das Nachbargrundstück gerichtet werden kann (vgl. BGH NJW 2010, 1533).

Eine Rechtfertigung ergab sich in der konkreten Situation demnach auch nicht aus einer Notwendigkeit der Überwachung aufgrund des allgemein angespannten Nachbarschaftsverhältnisses. 

In Anbetracht des ohnehin schon deutlich angespannten Nachbarschaftsverhältnisses müsse im Gegenteil sogar ein Anlass für eine weitere Eskalation vermieden werden.

Amtsgericht Gelnhausen, Urt. v. 04.03.2024 - 52 C 76/24

Quelle: Amtsgericht Gelnhausen, Pressemitteilung v. 31.05.2024

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