Besetzungsrügen sollen nach der StPO-Reform 2019 künftig vor oder zu Beginn einer Hauptverhandlung abschließend durch ein höheres Gericht beschieden und auf diese Weise der Revision entzogen werden.
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Für Strafverfahren im ersten Rechtszug vor den Land- und Oberlandesgerichten soll für Besetzungsrügen eine Frist von einer Woche ab der Zustellung der Besetzungsmitteilung gelten, die auch bereits mehrere Wochen vor dem Beginn der Hauptverhandlung erfolgen kann.
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Wird die Besetzungsrüge fristgerecht erhoben, soll zunächst das Ausgangsgericht über den Einwand vorschriftswidriger Besetzung entscheiden. Im Fall der Nichtabhilfe soll in landgerichtlichen Verfahren das Oberlandesgericht und in oberlandesgerichtlichen Verfahren der BGH über die Besetzungsrüge entscheiden. Diese Entscheidung soll abschließend sein.
Die Revision kann darauf nicht mehr gestützt werden. Wird die Besetzung innerhalb der Frist nicht angegriffen, ist das Rügerecht präkludiert. Die Rüge kann dann ebenfalls nicht mehr mit der Revision erhoben werden. Kann das Gericht die Besetzung – etwa aus organisatorischen Gründen – erst zu Beginn der Hauptverhandlung mitteilen, verbleibt es im Ausgangspunkt bei der bisherigen Regelung:
Das Gericht kann auf Antrag die Hauptverhandlung unterbrechen (§ 222a Abs. 2 StPO). Auch in diesem Fall soll die einwöchige Rügefrist gelten. Wird die Besetzung sodann fristgerecht gerügt, entscheidet die nächste Instanz – gegebenenfalls sodann parallel zur laufenden Hauptverhandlung – über den Besetzungseinwand abschließend.
Die geplante Neuregelung versetze den Vorsitzenden durch die Wahl des Zeitpunkts der Besetzungsmitteilung in die Lage, etwaige Besetzungsrügen schon (deutlich) vor Beginn der Hauptverhandlung abschließend klären zu lassen. Die Überprüfung des Rechts auf den gesetzlichen Richter werde dadurch der revisionsrechtlichen Kontrolle weitestgehend entzogen.
Kritik: Nicht klar wird, was die erneute Reform an dieser Stelle bezwecken will. Denn die Besetzungsrüge basiert auf dem grundgesetzlich gesicherten Recht auf den gesetzlich bestimmten Richter und ist einer der Eckpfeiler unseres Rechtsstaates. Dass dieses Prinzip einer revisionsrechtlichen Kontrolle entzogen werden soll, kann nicht überzeugen. In der Praxis ist eine Rechtszersplitterung durch die weitreichende Entscheidungszuständigkeit der Oberlandesgerichte zu befürchten. Die Folge dürften voraussichtlich mehr Verfassungsbeschwerden gegen die Vorabentscheidung und damit auch eine fortdauernde Unsicherheit des Tatrichters über die Richtigkeit der Gerichtsbesetzung sein.
Was bei den Befangenheitsanträgen ausgeführt wurde, gilt auch an dieser Stelle: Denn auch Besetzungsrügen werden in der Praxis nur in circa zwei Prozent aller Verfahren angebracht und rechtfertigen somit an sich keinen Handlungsbedarf – erst recht deshalb nicht, wenn man dazu noch berücksichtigt, dass der Revisionserfolg von Verfahrensrügen praktisch nicht vorhanden ist.
Rein tatsächlich darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Oberlandesgerichte und der BGH entsprechend ausgelastet sind und mit kurzfristigen Entscheidungen so nicht immer gerechnet werden kann.