Nach der Änderung des § 81a Absatz 2 Satz 2 StPO ist für eine Blutprobenentnahme nunmehr keine richterliche Anordnung mehr erforderlich, wenn der Verdacht einer rauschbedingten Verkehrstat einschließlich fahrlässiger Taten im Raum steht (§§ 315a Abs. 1 Nr. 1, 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, 316 StGB).
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Die Neuregelung gilt nicht für andere körperliche Eingriffe, aber nach § 46 Abs. 4 Satz 2 OWiG auch für Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24a und 24c StVG. Im Ergebnis sollen Staatsanwaltschaft und Ermittlungspersonen anders als bisher eine gleichrangige Anordnungskompetenz besitzen.
Die bereits seit längerem vom Deutschen Richterbund, aber etwa auch vom Deutschen Verkehrsgerichtstag vorgetragene Forderung, den Richtervorbehalt bei der Blutprobenentnahme jedenfalls im Bereich der Straßenverkehrsdelikte abzuschaffen, beruht letztlich auf der Änderung der Voraussetzungen für die Annahme von Gefahr im Verzug durch das BVerfG.
Zuvor war es vor allem nachts gängige Praxis, bei dem Verdacht auf Alkohol am Steuer standardmäßig von einem Eilfall und einer damit gegebenen Anordnungskompetenz der Polizei für die Blutprobenentnahmen auszugehen.
Im Jahr 2007 hat das BVerfG dann nach einer Reihe von Entscheidungen zur Annahme von Gefahr im Verzug bei Durchsuchungen die für diesen Begriff entwickelten Grundsätze auf § 81a Abs. 2 StPO übertragen. Damit der gesetzlich vorgesehene Richtervorbehalt faktisch nicht leerläuft, mussten die Strafverfolgungsbehörden daher auch für Blutprobenentnahmen in Eilsituationen zunächst versuchen, die Anordnung des zuständigen Richters zu erlangen.
Die Entscheidung hat zu einem erheblichen Mehraufwand in der Praxis geführt, wobei die Auswirkungen allerdings von Bundesland zu Bundesland und selbst von OLG-Bezirk zu OLG-Bezirk unterschiedlich waren.
„Staatsanwaltsvorbehalts“ vom Tisch
In einigen Bundesländern besteht ein richterlicher Bereitschaftsdienst nur von 6 bis 21 Uhr, sodass die Staatsanwaltschaften den Standpunkt vertraten, dass innerhalb dieses Zeitraums keine richterliche Entscheidung eingeholt werden konnte und sie damit von der Polizei auch nicht benachrichtigt werden mussten.
Für Bundesländer mit dieser Praxis wäre die im Referentenentwurf zunächst vorgesehene Regelung eines „Staatsanwaltsvorbehalts“ anstelle eines Richtervorbehalts nachteilig gewesen, weil nunmehr auch die Staatsanwälte zur Nachtzeit von der Polizei vorab hätten kontaktiert werden müssen.
Diese Position setzte sich letztlich nicht durch, sodass im Regierungsentwurf eine gleichrangige Anordnungskompetenz von Staatsanwaltschaft und Polizei vorgesehen wurde. Die zuvor im neuen § 81a Abs. 2 Satz 2 nur allgemein umschriebenen Straßenverkehrsdelikte wurden durch konkrete Tatbestände ersetzt, was eine zusätzliche Regelung im Ordnungswidrigkeitenrecht erforderlich machte.
Praxishinweis:
Gegen diese Auffassung der Gesetzesbegründung, die mit § 163 Abs. 1 StPO begründet wird, wird teilweise angeführt, dass die damit verbundene faktische Unterminierung der Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft widerspreche und der Wortlaut des § 81a Abs. 2 Satz 1 StPO insofern unverändert geblieben sei. Die Änderung bedeute zudem die Legalisierung einer verbreiteten rechtswidrigen Praxis.
Die insoweit angeführte Begründung, dass die Blutentnahme als Eingriff in die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht sehr schwer wiege, gehe fehl. Denn der Rechtsschutz des Betroffenen werde so verkürzt, da eine richterliche Prüfung nun stets erst nachträglich stattfinde.
Auf der anderen Seite wird die Entlastung der Praxis als prägendes Argument hervorgehoben.