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Verkehrsrecht -

Verkehrsunfall: Anscheinsbeweis gegen alkoholisierten Fahrer

Ereignet sich ein Unfall in einer Verkehrslage, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit für den Unfall ursächlich war. Das hat das OLG Frankfurt entschieden und einer schwer verletzten Fußgängerin unter Berücksichtigung einer Mithaftung von 25 % ein Schmerzensgeld in Höhe von 52.500 € und Schadensersatz zugesprochen. 

Darum geht es

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall in Anspruch. 

Der Beklagte fuhr mit seinem Fahrzeug alkoholisiert mit 0,96 Promille stadteinwärts in einer mittelhessischen Kleinstadt. Die Klägerin überquerte mit weiteren vier Personen die vom Beklagten befahrene Straße. 

Noch bevor die Klägerin die in der Mitte der zwischen den Fahrbahnen befindliche Verkehrsinsel erreichte, wurde sie vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und in die Höhe geschleudert. 

Die Klägerin erlitt diverse schwere Verletzungen. Das Landgericht hatte der Klage auf Basis einer Haftungsquote von 50% stattgegeben (Landgericht Gießen, Urt. v. 02.03.2023 - 5 O 526/20).

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG Frankfurt am Main teilweise Erfolg. 

Auf Basis einer Haftungsquote des Beklagten in Höhe von 75 % sprach das Oberlandesgericht der Klägerin u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 52.500 € zu. 

Der Beklagte habe gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen. Er habe nicht gebremst, obwohl das Betreten der Fahrbahn durch die Klägerin dies erforderte. Zudem sei er ganz erheblich alkoholisiert Auto gefahren. 

Der Beklagte habe nicht auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Klägerin vertrauen dürfen, da die Klägerin für ihn ersichtlich entgegen ihrer Verpflichtung, den Fahrzeugverkehr zu beachten, die Straße überquerte. 

Der Beklagte könne sich auch nicht infolge der eigenen regelwidrigen Trunkenheit auf diesen Grundsatz berufen. 

Das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand ist demnach als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen. Wer angetrunken ein Kraftfahrzeug führt, handelt nach dem Gericht grob fahrlässig. 

Der Beklagte habe die entscheidende Ursache für den Unfall gesetzt. Es sei davon auszugehen, dass ihm der Verkehrsverstoß unterlaufen sei, da er alkoholisiert gewesen sei. 

Insoweit spreche ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Trunkenheit für einen Unfall, wenn dieser sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können. So liege es hier. 

Angesichts der freien Sicht für den Beklagten bestehe kein Zweifel, dass „ein nüchterner Fahrer die Gruppe um die Klägerin wahrgenommen und rechtzeitig gebremst hätte“.

Die Klägerin müsse sich jedoch ein Mitverschulden in Höhe von 25 % anrechnen lassen. Der Beklagte sei für sei erkennbar gewesen, als sie die Fahrbahn betreten habe.

Unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzungen, des dadurch bedingten Leidens, des Grad des Verschuldens und der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 70.000 € angemessen. 

Nach Abzug ihres Mitverschuldensanteils von 25 % bleibe ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 52.500 € gegen den Beklagten neben den zu erstattenden materiellen Schäden. 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden, über die der BGH zu entscheiden hätte.

OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 25.1.2024 - 26 U 11/23

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 07.02.2024

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