Das OVG NRW hat Teile der nordrhein-westfälischen Coronaeinreiseverordnung, die eine Quarantänepflicht für Auslandsrückkehrer vorsieht, vorläufig außer Vollzug gesetzt. Demnach ist eine Absonderungspflicht nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur Pandemie-Eindämmung zu leisten, wenn in den jeweiligen Gebieten kein höheres Ansteckungsrisiko als hierzulande besteht.
Darum geht es
Nach der Coronaeinreiseverordnung müssen Personen, die aus dem Ausland nach Nordrhein-Westfalen einreisen und sich zu einem beliebigen Zeitpunkt in den letzten zehn Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, sich unverzüglich für zehn Tage in häusliche Quarantäne begeben (Absonderung).
Sie dürfen in diesem Zeitraum keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht ihrem Hausstand angehören. Der in Bielefeld wohnhafte Antragsteller hielt sich bis zum 13.11.2020 auf Ibiza auf und reiste dann weiter nach Teneriffa.
Er beabsichtigt, am 22.11.2020 nach Deutschland zurückzukehren, und machte geltend, man könne nicht aufgrund eines Aufenthalts auf den Balearen als ansteckungsverdächtig qualifiziert werden, wenn die 7-Tage-Inzidenz dort deutlich niedriger liege als am heimischen Wohnort.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Quarantänepflicht für Auslandsrückkehrer per Eilbeschluss vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Die Anordnung einer Absonderung für grundsätzlich alle Urlaubsrückkehrer und sonstige Einreisende aus Risikogebieten sei voraussichtlich rechtswidrig, weil sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und unverhältnismäßig sei.
Die Regelung lasse unberücksichtigt, ob durch die Einreise zusätzliche Infektionsgefahren begründet würden. In der aktuellen Pandemielage seien das Land Nordrhein-Westfalen und ein Großteil der übrigen Bundesrepublik nach den in der Coronaeinreiseverordnung benannten Kriterien als Risikogebiete einzustufen.
Das von den Rückkehrern ausgehende Infektionsrisiko stelle sich jedenfalls bei vergleichbaren Inzidenzwerten nicht anders dar, als wenn sie daheim geblieben wären. Dies sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte.
Die angefochtenen Regelungen seien insoweit auch unverhältnismäßig. Eine Absonderungspflicht für Rückreisende sei nicht geeignet, einen nennenswerten Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu leisten, wenn in den Gebieten des jeweiligen Aufenthalts kein höheres Ansteckungsrisiko als hierzulande bestehe.
Die Außervollzugsetzung der voraussichtlich rechtswidrigen Norm sei auch wegen des erheblichen Grundrechtseingriffs geboten.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
OVG NRW, Beschl. v. 20.11.2020 - 13 B 1770/20.NE
Quelle: OVG NRW, Pressemitteilung v. 20.11.2020