Das Landgericht Osnabrück hat einer Klage der Deutschen Umwelthilfe gegen ein Autohaus wegen unlauterer Werbung stattgegeben. Klagen gegen einzelne Händler, die auf ihrer Facebookseite den Post eines Autoherstellers teilen, in dem nach den Vorgaben der „PKW-EnVKV“ unzureichend auf Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen hingewiesen wird, sind demnach nicht rechtsmissbräuchlich.
Darum geht es
Der Deutsche Umwelthilfe e.V. beanstandete einen durch das Autohaus auf seiner Facebookseite geteilten Post des Automobilherstellers: „Automobilherstellers X, Glänzende Nachrichten für alle Fahrzeugmodell Y Fans! Unser praktischer Fahrzeugmodell Y 1.2 Benziner konnte beim ADAC Autokosten-Check für Kleinwagen ein … Mehr ansehen“.
Die Werte über den offiziellen Kraftstoffverbrauch sowie die CO2-Emissionen erschienen erst durch einen gesondert zu tätigenden Klick in einem weiteren Textfeld.
Ferner erschien beim erstmaligen Aufrufen der Internetseite ein 25 Sekunden langes Video, bei dem nach 17 Sekunden ebenfalls die Angaben zum Kraftstoffverbrauch sowie den CO2-Emissionen angezeigt wurden.
Dieser Post wurde von 26 über das Gebiet der Bundesrepublik verteilte Autohäusern, die die Fahrzeuge des betroffenen Automobilherstellers veräußerten, auf deren Internetseite geteilt. Der Kläger forderte die einzelnen Autohäuser wegen Verstoßes gegen die Regelungen der PKW-ENVKV zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.
§ 5 Abs. 1 PKW-EnVKV lautet wie folgt:
„Hersteller und Händler, die Werbeschriften erstellen, erstellen lassen, weitergeben oder auf andere Weise verwenden, haben sicherzustellen, dass in den Werbeschriften Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen CO2-Emissionen der betreffenden Modelle neuer Personenkraftwagen nach Maßgabe von Abschnitt 1 der Anlage 4 gemacht werden.“
Im Abschnitt I der Anlage 4 zu 5 PKW-EnVKV heißt es unter anderem wie folgt:
„Für das in der Werbeschrift genannte Fahrzeugmodell sind Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch (Werte im Testzyklus innerorts und außerorts sowie kombiniert) und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen im kombinierten Testzyklus zu machen. …“
Der Aufforderung des Klägers kamen die Autohäuser, so auch die Beklagte, nicht nach, so dass der Kläger Klage gegen die jeweiligen Autohäuser an den für deren Sitz zuständigen Gerichten erhob.
Dem Kläger war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, dass die Beklagte sowie die anderen Autohäuser durch den gleichen Prozessbevollmächtigten im gerichtlichen Verfahren vertreten werden sollten.
Ebenso wenig hatten die Beklagte noch die anderen Autohäuser vorprozessual weder geäußert noch signalisiert, dass der Kläger die Klagen bei einem Gericht konzentrieren möge oder das Führen eines Prozesses verbindliche Wirkung besitze.
Die Beklagte wendet unter anderem gegen das Begehren des Klägers ein, dass weder eine Werbung für ein bestimmtes Fahrzeugmodell noch eine spürbare Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen vorliege.
Unberücksichtigt dessen sei das Agieren des Klägers rechtsmissbräuchlich. Der Kläger sei gehalten gewesen, die betroffenen Autohäuser vor einem Gericht in Anspruch zu nehmen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht Osnabrück vertrat die Auffassung, dass der durch die Beklagte geteilte Post Angaben zu dem Kraftstoffverbrauch sowie den CO2- Emissionen enthalten müsse.
In der Zusammenschau des Posts werde ein konkretes Fahrzeug Modell eines ebenfalls benannten Herstellers beworben. Mit dem Vorenthalten von Pflichtangaben würden Verbraucher in ihrem gesetzlich geschützten Informationsinteresse nicht nur unerheblich benachteiligt.
Nach Auffassung der erkennenden Handelskammer ist es nicht rechtsmissbräuchlich, die einzelnen Autohäuser am Sitz des für sie zuständigen Gerichts in Anspruch zu nehmen.
Die effektive Durchsetzung von Verbraucherinteressen setzt eine damit korrespondiere Anzahl von Abmahnungen und damit einhergehend von gerichtlichen Verfahren voraus. Das der Beklagten und den weiteren Autohäusern vorgeworfene Fehlverhalten beruht auf einer individuellen Entscheidung des jeweiligen Händlers, für die die übrigen Händler nicht einzustehen hätten.
Eine Gemeinschaftswerbung liegt nach Ansicht der Kammer ebenso wenig vor. Die Voraussetzungen einer einheitlichen Inanspruchnahme sind aus dem Grund nicht gegeben. Darüber hinaus ist die einzelne Inanspruchnahme der Händler auch nicht wegen einer missbräuchlichen Generierung von Gebühren unzulässig.
Um die dem Verbraucherschutz dienende Kennzeichnungs- und Informationspflicht effektiv durchzusetzen ist es erforderlich, sämtliche Verstöße in einzelnen Klageverfahren klären zu lassen.
Anderenfalls wäre der Kläger, bei dem höchstrichterlich festgestellt ist, dass der Verbraucherschutz durch Marktüberwachung als Verbandszweck nicht lediglich vorgeschoben ist, gezwungen, seine Verpflichtung zur Marktüberwachung auf einzelne Verstöße zu konzentrieren und zu beschränken.
Ein Rechtsmissbrauch folgt insbesondere auch nicht aus Gründen der Prozessökonomie, denn die Beklagte sowie die weiteren Autohäuser haben dem Kläger gegenüber nicht vorprozessual angezeigt, dass bereits ihr Verhalten mit dem Hersteller abgestimmt ist und sie durch den gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, weshalb die Bündelung sämtlicher Ansprüche in einem Prozess zu Synergieeffekten führe.
Für den Kläger bestand auch kein Anhaltspunkt, dass die Beklagte sowie die weiteren Autohäuser sich durch den gleichen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen würden.
Darüber hinaus haben die Beklagte sowie die weiteren Autohäuser dem Kläger nicht signalisiert, dass eine „Musterentscheidung“ für alle Händler verbindlich sein sollte.
Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagte hat die Möglichkeit, dieEntscheidung mit dem Rechtsmittel der Berufung durch das OLG Oldenburg überprüfen zu lassen.
Landgericht Osnabrück, Urt. v. 17.12.2021 - 13 O 230/21
Quelle: Landgericht Osnabrück, Pressemitteilung v. 05.01.2022