Verursacht ein Elektrofahrrad einen Schaden, kann der Halter nach dem StVG ggf. auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften. Die Betriebsgefahr realisiert sich auch dann, wenn sich bei einem abgestellten E-Bike der fest verbaute Akku entzündet. Das hat das Landgericht Lübeck entschieden. Ob die Gefährdungshaftung des StVG greift, hängt u.a. von der motorgestützten Höchstgeschwindigkeit ab.
Darum geht es
Der Beklagte mietete eine Halle zum Verkauf von E-Bikes. In einer Nacht brach in der Halle ein Brand aus. Am Tag zuvor hatte der Mann den Akku eines E-Bikes aufgeladen.
Vor dem Landgericht Lübeck verlangten die Vermieter der Halle, dass der Beklagte für die Schäden aufkommt. Er habe vor Verlassen der Halle vergessen, den Stecker des Ladegeräts zu ziehen.
Der Beklagte hat die Zahlung verweigert. Es könne nicht von ihm verlangt werden, den Ladevorgang zu überwachen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht Lübeck hat den Beklagten verurteilt, einen Betrag in Höhe von 214.793,88 € als Schadensersatz zu zahlen.
Das Gericht ist nach der Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Beklagte für den Schaden verantwortlich ist - und zwar unabhängig davon, ob er sich ggf. falsch verhalten hat.
Nicht alle Elektrofahrräder unterfallen der sog. Gefährdungshaftung des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Bei E-Rädern mit einer Leistung bis maximal 250 Watt, bei denen sich der Elektromotor ab einer Geschwindigkeit von 25/h selbst abschaltet, gilt das StVG nicht.
Diese Räder sind nach § 1 Abs. 3 StVG keine Kraftfahrzeuge im Sinne des StVG. Anders ist es bei E-Bikes mit höherer Leistung - diese stellen Kraftfahrzeuge im Sinne des StVG dar.
Das Gericht hat festgestellt, dass es sich bei dem vorliegenden E-Bike um ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 1 StVG handelt. Das StVG gelte für das E-Bike im Streitfall, weil es eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 85 km/h gehabt habe.
Das Gericht war im vorliegenden Fall überzeugt, dass der Beklagte vergessen hat, den Ladestecker zu ziehen. Für das E-Bike hafte der Beklagte aber auch ohne ein Fehlverhalten nach dem Straßenverkehrsgesetz (§ 7 StVG).
Der Beklagte war nach dem Gericht auch Halter des E-Bikes. Halter sei derjenige, der das Kfz im eigenen Namen nicht nur ganz vorübergehend für eigene Rechnung in Gebrauch hat und der die Verfügungsgewalt über das Kfz ausübt. Die Eigentumslage habe für die Halterfrage keine Relevanz.
Auch habe sich die sog. Betriebsgefahr realisiert, weil der Akku in dem E-Bike fest verbaut war und den Brand verursacht habe. Davon war das Gericht insbesondere nach Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens überzeugt.
Der Betriebsgefahr unterfielen auch technische Defekte einer Betriebseinrichtung - ohne dass es auf den Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang ankomme.
Auch die fehlende Zulassung des E-Rads zum Straßenverkehr ändert nach Auffassung des Gerichts daran nichts. Ebenso greife der Haftungsausschluss nach § 8 Nr. 1 StVG nicht.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Landgericht Lübeck, Urt. v. 26.07.2024 - 5 O 26/23
Quelle: Landgericht Lübeck, Pressemitteilung v. 15.01.2025