Auf die Beförderung mit einem Autoreisezug ist in der Regel kein Reiserecht anwendbar, so dass bei einer Verspätung grundsätzlich nicht Schadensersatz für vertane Urlaubszeit oder eine Minderung des Reisepreises verlangt werden kann. Das hat das Amtsgericht München entschieden. Ein Reisevertrag setzt demnach einen über die Beförderung hinausgehenden Erfolg voraus.
Darum geht es
Der Kläger aus 58636 Iserlohn buchte bei der Beklagten Reiseveranstalterin am 25.02.2015 für sich, seine Ehefrau und seine Tochter eine Fahrt mit dem Autoreisezug von Villach in Österreich nach Edirne in der Türkei hin und zurück. Der Preis betrug 1.710 €. Bei Vertragsschluss erfolgte ein Hinweis auf die Beförderungsbedingungen der Reiseveranstalterin. Dort ist unter Punkt 11 c bestimmt:
„Bei unvorhersehbaren Ereignissen höherer Gewalt (Streik, Naturkatastrophen, Streckensperrung, behördliche Maßnahmen o.ä.) oder nicht zurechenbaren Handlungen Dritter (Einbruchsdiebstahl in Waggons und Fahrzeuge, Vandalismus, o.ä.) sind Ansprüche des Kunden auf Schadensersatz oder Rückzahlung des Fahrpreises gegen (die Reiseveranstalterin) ausgeschlossen.“
Während der Hinreise am 08.07.2015 wurden zahlreiche Pkws im Autoreisezug von unbekannten Tätern aufgebrochen und diverse Gegenstände entwendet. Als dies in den Morgenstunden des 09.07.2015 bemerkt wurde, wurde der Zug angehalten. Die Aufnahme der Diebstahlsdelikte durch die örtlich zuständige Polizei dauerte zwölf Stunden. Der Kläger begehrt von der Reiseveranstalterin eine Minderung des Preises um 50 %, außerdem verlangt er 600 € wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.
Er ist der Ansicht, dass es sich bei dem Vertrag um einen Reisevertrag handelt, da nicht nur die Beförderung von drei Personen per Zug geschuldet gewesen sei sondern auch eine Überführung des Pkw des Klägers. Die Reiseveranstalterin verweigerte die Zahlung. Daraufhin erhob der Kläger Klage zum Amtsgericht München gegen die Reiseveranstalterin auf Zahlung von 1.455 €.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter wies die Klage ab.
Bei dem Vertrag würde es sich um keinen Reisevertrag handeln. Eine Gesamtheit von Reiseleistungen liegt hier nicht vor; Gegenstand des Vertrags war nur die Personen- und Sachbeförderung, aber gerade nicht ein über die Beförderung hinausgehender Erfolg, wie es eine Reise voraussetzt, so das Urteil.
Bei reinen Beförderungsverträgen wie dem streitgegenständlichen fehlt es am Charakter einer Veranstaltung, bei der der Unternehmer in eigener Verantwortung einen über die Beförderung hinausgehenden Gesamterfolg schuldet. Es läge ein Beförderungsvertrag vor, der - soweit die Beförderung des Pkw vereinbart war - frachtvertragliche Elemente aufweise.
Ein Anspruch auf Zahlung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit bestehe nicht. Denn es fehle an einer Vorschrift, die im Rahmen des Werk- und Frachtrechts einen Ersatz für immaterielle Schäden vorsieht. Der Gesetzgeber habe sich bewusst dafür entschieden, einen Anspruch wegen immaterieller Schäden nur im Ausnahmefall vorzusehen.
Auch ein Anspruch auf Minderung des Beförderungsentgelts bestehe nicht. Die bloße Verspätung einer Werkleistung kann keinen Mangel begründen. Bei jeder Leistung, die nicht zum geschuldeten Zeitpunkt erbracht wird, liegt zwar eine Verletzung der vertraglichen Leistungspflichten vor; der Schuldner befindet sich aufgrund der Verspätung im Verzug.
Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verzug ohne Weiteres einen Mangel der Werkleistung begründet, da der Gesetzgeber eine eigenständige Regelung für die Frage des Mangels vorgesehen hat", so das Urteil. Eine Verzögerung könne nur dann einen Mangel begründen, wenn der Leistungszeitpunkt eine Rolle spiele. Im Rahmen einer Beförderungsleistung sei dies regelmäßig nicht der Fall, da auch bei einer Verspätung die Beförderungsleistung nicht grundsätzlich schlechter werde.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 04.11.2016 - 132 C 9692/16
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 30.06.2017