Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die dortige Kommune nach § 45 StVO verpflichtet, einem gehbehindertem Anwohner einen „rechtssicheren“ Behindertenparkplatz vor seiner Wohnung einzurichten. Die Stadt kann den Anwohner demnach nicht darauf verweisen, sein Fahrzeug einfach am Straßenrand im Parkverbot abzustellen - auch wenn sie zusichert, dies dann nicht zu sanktionieren.
Darum geht es
Der 77-jährige Kläger ist schwerbehindert mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Für derart eingeschränkte Personen sieht die Straßenverkehrsordnung in § 45 Abs. 1 b) Nr. 2 die Möglichkeit vor, einen sog. „Behindertenparkplatz“ auszuweisen.
In der unmittelbaren Nähe zur Wohnung kann dies auch personenbezogen („Mit Ausweis Nr….“) erfolgen.
Voraussetzung ist allerdings neben dem Umstand, dass in dem Bereich nicht ausreichend freie Parkplätze auf der öffentlichen Straße vorhanden sind, dass die betroffene Person keine anderweitige Möglichkeit zum Abstellen außerhalb des öffentlichen Straßenraums hat - etwa eine Garage oder Stellplatz auf dem Grundstück.
Zwar verfügt das Haus des Klägers über eine Garage. Der Kläger hat aufgrund seiner Behinderung jedoch keine Möglichkeit, von der im Keller gelegenen Garage in seine Wohnung zu kommen, da er weder die Zufahrtsrampe noch eine im Gebäude befindliche schmale und steile Treppe bewältigen kann.
Der Kläger kann deshalb die Garage nicht nutzen. Auch die Zufahrt zur Garage ist nicht dazu geeignet das Fahrzeug abzustellen, da sie zu steil und zu schmal ist.
Die beklagte Stadt Gelsenkirchen verwies den Kläger darauf, sein Fahrzeug parallel zur Fahrbahn auf der Straße vor der Garageneinfahrt abzustellen.
Aufgrund des vor der Einfahrt nach den allgemeinen Vorschriften der StVO geltenden Parkverbots dürfe außer ihm niemand dort parken.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die Stadt zur Einrichtung eines Behindertenparkplatzes vor der Wohnung eines Klägers in Gelsenkirchen verpflichtet.
Dieser Auffassung konnte sich die Kammer nicht anschließen. Denn unabhängig davon, ob der vom Parkverbot erfasste Platz für das Abstellen eines Pkw ausreichen würde (die eigentliche Einfahrt ist nur 3m breit), darf im konkreten Fall auch der Kläger nicht vor seiner Einfahrt parken.
Denn für die Zufahrt ist der Bordstein abgesenkt, so dass dort ein generelles Parkverbot gilt, das auch den Inhaber der Garage erfasst.
Dieses Parkverbot dient nämlich nicht nur der Sicherung der Zufahrtsmöglichkeit zur Garage, sondern auch dem Interesse gehbehinderter Menschen daran, den Gehweg – etwa zum Überqueren der Straße – verlassen zu können.
Der Kläger muss sich daher nach Auffassung der Kammer nicht darauf verweisen lassen, dass die Stadt die durch ihn begangene Ordnungswidrigkeit nicht verfolgt.
Ihm steht aufgrund der Umstände des Einzelfalls vielmehr ein Anspruch auf die Ausschilderung eines „rechtssicheren“ Sonderparkplatzes zu.
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urt. v. 05.112024 - 14 K 1401/24
Quelle: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Pressemitteilung v. 07.11.2024