Sozialrecht -

Staatliche Schule kann sonderpädagogischen Förderbedarf eines behinderten Kindes ebenso erbringen

LSG Hessen, Urt. v. 22.02.2011 - L 9 SO 7/09

Behinderte Kinder haben Anspruch auf Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Eingliederungshilfe. Kann allerdings der besondere sonderpädagogische Bedarf in einer staatlichen Förderschule gleichermaßen erbracht werden, so muss der Landeswohlfahrtsverband das Schulgeld für den Besuch einer Privatschule nicht übernehmen. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Darum geht es:

Konkret geht es dabei um einen nunmehr 13-jährigen Jungen, der seit seiner Geburt behindert ist und seit seinem 4. Lebensmonat in einer Pflegefamilie in Gießen lebt. Er leidet an Epilepsie und Minderwuchs, ist in seiner Entwicklung verzögert und geistig behindert. Ab dem 4. Lebensjahr besuchte er ein Montessori-Kinderhaus. Im Jahre 2005 stellte das staatliche Schulamt einen sonderpädagogischen Förderbedarf fest und wies den Jungen einer staatlichen Förderschule zu. Die Pflegeltern entschieden sich hingegen für den Besuch einer Privatschule, die nach den Grundsätzen der anthroposophischen Heilpädagogik und der Waldorfpädagogik unterrichtet. Das Schulgeld hierfür beträgt monatlich 303 €. Der Landeswohlfahrtsverband lehnte die Kostenübernahme mit der Begründung ab, dass der sonderpädagogische Förderbedarf auch in einer staatlichen Schule gedeckt werden könne, die kein Schulgeld verlange.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Die Richter beider Instanzen gaben dem Landeswohlfahrtsverband Recht. Das staatliche Schulamt habe zwar den Besuch der Privatschule gestattet. Zugewiesen habe es das behinderte Kind jedoch an eine staatliche Schule. Da diese für den speziellen Förderbedarf gleichermaßen geeignet sei, sei das Schulgeld nicht zu übernehmen. Der Wunsch der Pflegeeltern, ihr Pflegekind nach den Waldorfgrundsätzen unterrichten und erziehen zu lassen, sei zwar nachvollziehbar, aber sozialhilferechtlich nicht geschützt. Außergewöhnliche und gewichtige persönliche Gründe für den Besuch der Privatschule – wie z.B. eine langjährige Erziehung unter Waldorfgrundsätzen oder der Besuch der Schule seitens der Geschwisterkinder - lägen nicht vor. Auch werde das Elternrecht durch die ablehnende Entscheidung nicht verletzt, da dieses zwar die freie Schulwahl gewähre, nicht jedoch einen Anspruch auf Schulgeldübernahme.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Nichtzulassungsbeschwerde wurde bereits eingelegt (B 8 SO 2/11 B).

Quelle: LSG Hessen - Pressemitteilung vom 22.02.11