Sozialrecht -

Opferentschädigung nach misslungener Schönheitsoperation

Erleidet ein Patient durch einen strafbaren, misslungenen ärztlichen Eingriff Gesundheitsstörungen, kann er Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz beanspruchen.

BSG, Urt. v. 29.04.2010 — B 9 VG 1/09 R

Darum geht es


Die 1954 geborene Klägerin litt an erheblichem Übergewicht, Herzschwäche, Bluthochdruck, Lungenschwäche, insulinpflichtiger Zuckerkrankheit und einer Darmerkrankung. Sie ließ von einem Gynäkologen eine Fettabsaugung durchführen, ohne von diesem zuvor über die damit verbundenen Risiken und andere wichtige Umstände aufgeklärt worden zu sein. Danach kam es bei der Klägerin zu gesundheitlichen Schwierigkeiten. Einige Monate später versuchte der Arzt, eine bestehende Fettschürze zu korrigieren, und saugte weiteres Fett ab. Dies führte zu erheblichen Gesundheitsstörungen, die im Krankenhaus behandelt werden mussten. Bezüglich dieser beiden Eingriffe wurde der Arzt wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung zahlreicher weiterer Taten zum Nachteil anderer Patienten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Wesentliche Entscheidungsgründe


Hat jemand infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs eine gesundheitliche Schädigung erlitten, kann er Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) beanspruchen. Unter bestimmten Voraussetzungen gilt dies auch für einen Patienten, dessen Gesundheit durch eine misslungene Schönheitsoperation beeinträchtigt worden ist.

Schädigungsfolgen i.S.d. Opferentschädigungsgesetzes


Das Bundessozialgericht hat die Auffassung der Vorinstanzen bestätigt, dass die Klägerin Opfer einer Gewalttat geworden ist. Bei ihr sind deshalb die durch die misslungenen ärztlichen Eingriffe verursachten Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes anzuerkennen, auch wenn deren Grad nicht für eine Rentengewährung ausreicht. Die Patientin kann daher Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz beanspruchen.

Misslungener ärztlicher Eingriff ist hier strafbare Körperverletzung


Ein Patient wird dann zum Gewaltopfer, wenn ein als vorsätzliche Körperverletzung strafbarer ärztlicher Eingriff aus der Sicht eines verständigen Dritten in keiner Weise dem Wohle des Patienten dient. So war es hier, weil sich der Arzt bei seiner Vorgehensweise im Wesentlichen von eigenen finanziellen Interessen hat leiten lassen und die gesundheitlichen Belange der Klägerin hintangestellt hat.

Quelle: BSG - Pressemitteilung Nr. 14/10 vom 29.04.10