BGH, Urt. v. 11.09.2013 - IV ZR 17/13
Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hat mit zwei aktuellen Urteilen über die Berechnung des Rückkaufswerts von Lebensversicherungen nach erfolgter Kündigung entschieden. Demnach sind Klauseln, die eine Berechnung des Rückkaufswerts nach dem sog. Zillmerverfahren vorsehen, wegen Intransparenz unwirksam.
Darum geht es
In den zur Beurteilung anstehenden Fällen schlossen die klagenden Versicherungsnehmer jeweils im Jahr 2004 Lebensversicherungsverträge, die sie 2009 kündigten. Die beklagten Versicherer rechneten den von ihnen auf der Grundlage der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen ermittelten Rückkaufswert ab und zahlten diesen aus.
Die Kläger verlangen eine höhere Zahlung und berufen sich darauf, dass der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 25.07.2012 (IV ZR 201/10) Klauseln, die vorsehen, dass die Abschlusskosten im Wege des sog. Zillmerverfahrens mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden, wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers für unwirksam erachtet hat. Um derartige Klauseln handelt es sich auch in den hier zu beurteilenden Fällen.
Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom 25.07.2012 nicht zu beurteilen, welche Rechtsfolgen sich aus der materiellen Unwirksamkeit dieser Klauseln für die Berechnung des Rückkaufswerts bei vorzeitiger Kündigung ergeben. Diese Frage hat er nunmehr entschieden.
Danach ist die Vertragslücke, die durch die Unwirksamkeit der Klauseln über die Berechnung des Rückkaufswerts und der Verrechnung der Abschlusskosten entsteht, im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu schließen, dass dem Versicherungsnehmer für den Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung zunächst die versprochene Leistung zusteht.
Der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten, der durch die Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals bestimmt wird.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der BGH hat insoweit seine Rechtsprechung zur Berechnung des Rückkaufswerts bei wegen Intransparenz unwirksamen Klauseln aus der Tarifgeneration 1994 - 2001 (Urt. v. 12.10.2005 - IV ZR 162/03) fortgeführt und auch auf die Berechnung des Rückkaufswerts von bis Ende 2007 geschlossenen Verträgen erstreckt, bei denen die Klauseln über die Berechnung des Rückkaufswerts und die Verrechnung der Abschlusskosten wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers unwirksam sind.
Damit werden bei der Berechnung des Rückkaufswerts alle bis Ende 2007 geschlossenen Verträge, denen die genannten unwirksamen Klauseln zugrunde lagen, nach denselben Grundsätzen behandelt.
Erst bei ab 2008 geschlossenen Verträgen ist für die Berechnung des Rückkaufswerts die Regelung des § 169 Abs. 3 S. 1 VVG maßgeblich. Eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift auf vor dem 1. Januar 2008 geschlossene Verträge kommt demgegenüber ausweislich des gesetzgeberischen Willens nicht in Betracht.
Quelle: BGH, Pressemitteilung - vom 11.09.13