Der BGH hat entschieden, dass Bankkunden ihre Ansprüche auf Auskunft über Bankentgelte an ein Inkassounternehmen abtreten können. Ein Abtretungsverbot greift demnach nicht, da insoweit kein Rückschluss auf personenbezogene Daten der Kunden möglich ist. Ob die Bank im Streitfall ihre Informationspflichten bereits durch Kontoauszüge erfüllt hat, muss nun das Berufungsgericht klären.
Darum geht es
Die Klägerin ist ein Inkassounternehmen. Sie begehrt von der beklagten Bank aus abgetretenem Recht im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die von einer Kundin der Bank geleisteten Entgelte, um anschließend Rückzahlung rechtsgrundlos gezahlter Entgelte zu verlangen.
Die Kundin schloss mit der Beklagten im Jahr 2012 einen Zahlungsdiensterahmenvertrag. Sie trat ausweislich einer Abtretungserklärung vom 23.08.2021 Erstattungsansprüche wegen unwirksamer Gebührenerhöhungen und zu viel berechneter Entgelte sowie Ansprüche auf Zurverfügungstellung einer vollständigen Entgeltaufstellung seit dem 01.01.2018 und auf Erteilung aktueller, vorangegangener und vorvertraglicher Entgeltinformationen an die Klägerin ab.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Kundin die Abtretungserklärung unterzeichnet hat. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Mitteilung vorvertraglicher Entgeltinformationen und Zurverfügungstellung einer Aufstellung über sämtliche Entgelte, die seit dem 01.01.2018 im Zusammenhang mit dem von der Kundin geschlossenen Zahlungsdiensterahmenvertrag angefallen sind.
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß auf der ersten Stufe zur Auskunftserteilung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Auskunftsansprüche der Kundin gemäß § 399 Fall 1 BGB nicht wirksam abgetreten werden könnten, weil sie unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks und der Natur des Rechtsverhältnisses, dem sie entstammten, gegenüber einem gewinnorientierten Inkassounternehmen nicht ohne Inhaltsänderung erfüllt werden könnten.
Die Auskunftsansprüche dienten dem Verbraucherschutz sowie der Transparenz und Vergleichbarkeit von Konten für Verbraucher. Dieser Zweck könne nicht mehr erreicht werden, wenn die Ansprüche von einer Kapitalgesellschaft zum Zweck des Gewinnstrebens geltend gemacht würden.
Die Klägerin verfolgt ihr Auskunftsverlangen weiter und begehrt mit der Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der BGH hat das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der BGH hat entschieden, dass das Abtretungsverbot des § 399 Fall 1 BGB einer Abtretung der Auskunftsansprüche an das Inkassounternehmen nicht entgegensteht.
Die Ansprüche der Kundin gegen die Bank auf Erteilung vorvertraglicher Entgeltinformationen aus § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB und aus § 5 ZKG waren allerdings mit Abschluss des Zahlungsdiensterahmenvertrags im Jahr 2012 durch Zeitablauf erloschen und konnten daher im Jahr 2021 nicht mehr an die Klägerin abgetreten werden.
Als Gegenstand der streitigen Abtretung kommen jedoch Ansprüche der Kundin in Betracht, die dieser während der Vertragslaufzeit zustehen.
Das sind Ansprüche auf Erteilung von Entgeltinformationen nach § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 5 i.V.m. § 4 Nr. 3 Buchst. a) EGBGB, auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG und auf Auskunftserteilung aus § 675c Abs. 1 i.V.m. § 666 BGB.
Der Anspruch auf Zurverfügungstellung von Entgeltaufstellungen aus § 10 ZKG besteht in zeitlicher Hinsicht allerdings erst seit Inkrafttreten der Norm und damit seit dem 31.10.2018.
Die Abtretung der genannten Auskunftsansprüche ist nicht gemäß § 399 Fall 1 BGB ausgeschlossen.
Die Auskunftsansprüche der Kundin haben keinen höchstpersönlichen Gehalt, der einer Abtretung entgegenstünde.
Die begehrten Auskünfte betreffen ausschließlich die von der Beklagten im Zusammenhang mit dem Zahlungsdiensterahmenvertrag und dem Zahlungskonto erhobenen Entgelte und lassen keinen Rückschluss auf die persönliche Lebensgestaltung oder auf die personenbezogenen Daten der Kundin zu.
Es besteht auch kein besonderes schutzwürdiges Interesse der Beklagten, die entgeltbezogenen Informationen ausschließlich ihrer Kundin zu erteilen, wenn diese infolge einer Abtretung die Auskunftserteilung an einen Dritten wünscht. Durch die Abtretung verändert sich die von der Beklagten geschuldete Leistungshandlung nicht.
Die Übertragung des Anspruchs aus § 10 ZKG scheitert auch nicht daran, dass der Anspruch nicht vom Verbraucher getrennt werden kann.
Die Verbrauchereigenschaft ist lediglich Voraussetzung für die Entstehung dieses Anspruchs. Der weitere Bestand des einmal entstandenen Auskunftsanspruchs hängt nicht vom Fortbestand der Verbrauchereigenschaft ab.
Auch der Zweck der Auskunftsansprüche spricht nicht für einen Abtretungsausschluss nach § 399 Fall 1 BGB.
Die Unterrichtungspflichten nach § 675d Abs. 1 BGB und nach § 10 ZKG bezwecken nicht nur, dem Bankkunden einen Vergleich der Konditionen verschiedener Anbieter zu ermöglichen, sondern sollen dem Kunden auch eine Überprüfung ermöglichen, ob sich seine Bank vertragstreu verhält und ob ihm verneinendenfalls Ansprüche gegen sie zustehen.
Das Berufungsgericht wird sich nunmehr unter anderem mit der zwischen den Parteien im Streit stehenden Echtheit der Unterschrift der Kundin unter der Abtretungserklärung und ggf. mit dem Einwand der Beklagten zu befassen haben, diese habe während des streitgegenständlichen Zeitraums ihre Informationspflichten ordnungsgemäß erfüllt, indem sie der Kundin Kontoauszüge einschließlich vollständig aufgeführter Entgelte zur Verfügung gestellt habe.
BGH, Urt. v. 24.09.2024 - XI ZR 111/23
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 30.09.2024