Bundessozialgericht, Urt. v. 30.10.2013 - B 7 AY 7/12 R D.D. ./. Salzlandkreis
Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht wegen der Weigerung, eine sogenannte "Ehrenerklärung" abzugeben, gekürzt werden dürfen.
Darum geht es
Die 1964 geborene Klägerin, eine malische Staatsangehörige, war im November 1997 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist; ihr Asylantrag blieb erfolglos, und ihr Aufenthalt war danach lediglich geduldet. A
b Februar 1999 erhielt sie Grundleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz, die unter anderem im streitbefangenen Zeitraum monatlich um 40,90 Euro "gekürzt" wurden, weil sich die Klägerin im Rahmen von Vorführungen an die Botschaft von Mali geweigert hatte, eine sogenannte "Ehrenerklärung" abzugeben. Diese hatte folgenden Inhalt:
"Ehrenerklärung
Ich bin malischer Staatsangehöriger, und ich möchte freiwillig in mein Heimatland zurückkehren. Ich versichere hiermit, nicht nach Deutschland zurückzukehren, es sei denn unter den Bedingungen der deutschen Einwanderungsgesetze.
Erklärt gegenüber der Botschaft Mali und dem Bundesgrenzschutz
Name, Vorname, Geburtsdatum, Unterschrift."
Wesentliche Entscheidungsgründe
Weder die Gewährung niedrigerer Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz noch die Ablehnung von Analog‑Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (Leistungen entsprechend dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch ‑ Sozialhilfe ‑ bei Vorbezug von mindestens 36 Monaten Grundleistungen) kann mit der Weigerung zur Abgabe der geforderten Ehrenerklärung begründet werden, wenn der Hilfebedürftige die Bundesrepublik Deutschland eigentlich nicht verlassen möchte; niemand kann gezwungen werden, eine in der Sache falsche Erklärung abzugeben, selbst wenn er verpflichtet ist, auszureisen.
Der Hilfebedürftige handelt weder rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 2 Asylbewerberleistungsgesetz, noch hat er im Sinne des § 1a Asylbewerberleistungsgesetz zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können.
Dies hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts am Mittwoch aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Die Sache wurde jedoch zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, weil es ansonsten an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen für eine endgültige Entscheidung über einen höheren Anspruch der Klägerin mangelte.
Bei dieser Sachlage bedurfte es noch keiner Entscheidung darüber, ob die Leistungskürzung um den gesamten Betrag für persönliche Bedürfnisse verfassungsrechtlich zulässig war.