Sozialrecht -

Gesetzlich Krankenversicherte können Auskunft über medizinische Behandlungen verlangen

Gesetzlich Krankenversicherte können von der für sie zuständigen kassenärztlichen Vereinigung (KV) Auskunft über dort gespeicherte personenbezogene Sozialdaten verlangen, wenn der KV dadurch kein unverhältnismäßiger Aufwand entsteht.

LSG NRW, Urt. v. 02.07.2010 - L 5 KR 153/09

Darum geht es:

Ein gesetzlich krankenversicherter Mann hatte die für ihn zuständige kassenärztliche Vereinigung (KV) um Auskunft gebeten, welche medizinischen Leistungen die in den letzten vier Jahren seiner Mitgliedschaft abgerechnet hatte. Er benötige diese Angaben für die Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die beklagte kassenärztliche Vereinigung erteilte lediglich eine sogenannte Versichertenauskunft für das Geschäftsjahr vor der Antragstellung. Auskunft über Daten hinsichtlich Behandlungen in weiter zurückliegenden Jahren könne der Kläger nach der gesetzlichen Regelung im Recht der gesetzlichen Krankenkassen (§ 305 Abs. 1 SGB V) nicht verlangen. Die Essener Richter ließen diese Argumentation wie vor ihnen das Sozialgericht Düsseldorf nicht gelten.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Der Anspruch des Klägers auch auf Auskünfte für länger zurückliegende Zeiträume folge aus der entsprechenden Regel des allgemeinen Sozialrechts (§ 83 SGB X). Der dort geregelte allgemeine Auskunftsanspruch sei Ausfluss des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Um es einzuschränken, hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bedurft, die aber fehle. Es sei nirgendwo erkennbar, dass der Gesetzgeber diesen allgemeinen Auskunftsanspruch für das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung habe einschränken wollen. Allerdings bestehe der Auskunftsanspruch des Klägers nicht unbeschränkt. Vielmehr seien seine privaten Interessen abzuwägen mit dem sachlichen und personellen Aufwand, den die Auskunft der betroffenen Behörde verursache. Im Falle des Klägers ergab diese Abwägung, dass er Auskunft nur für ein weiteres Jahr rückwirkend und nur insoweit verlangen konnte, wie seine Sozialdaten von der EDV der Beklagten gespeichert waren.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen hat.

Quelle: LSG NRW - Pressemitteilung vom 02.07.10