SG Heilbronn, Gerichtsbescheid v. 29.10.2011 - S 7 AL 4100/08
Weigert sich ein mündlich eingestellter Arbeitnehmer, einen abweichenden schriftlichen Arbeitsvertrag zu unterschreiben, kann hierauf keine Sperrzeit gestützt werden.
Darum geht es:
Ein Arbeitgeber versuchte, seinen nach mündlicher Vereinbarung eingestellten Mitarbeiter S zu bewegen, einen neuen schriftlichen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen. Hierin sollte S u.a. zur gelegentlichen Mehrarbeit (Überstunden, Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit) verpflichtet werden. Als sich S weigerte, wurde ihm gekündigt. S meldete sich sodann arbeitslos; gegen die Kündigung ging er nicht vor.
Die Agentur für Arbeit verhängte daraufhin eine Sperrzeit von 12 Wochen: S habe ohne wichtigen Grund Anlass zur Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Denn er habe den ihm vorgelegten Arbeitsvertrag nicht unterschrieben, obgleich er hätte erkennen müssen, dass er hierdurch seine Arbeitsstelle verliere.
Wesentliche Entscheidungsgründe:
Seine hiergegen gerichtete Klage vor dem Sozialgericht war erfolgreich: S habe sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten. Er sei gegenüber seinem Arbeitsgeber nicht dazu verpflichtet gewesen, einen anderen Arbeitsvertrag abzuschließen. Eine solche Pflicht sei mit der Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers nicht vereinbar. Die nachgeschobene Begründung der Agentur für Arbeit im Gerichtstermin, S sei generell nicht bereit gewesen, konkrete Arbeitsaufträge seines Arbeitgebers am Wochenende und an Feiertagen zu übernehmen, sei nicht nachgewiesen. Hierfür trage sie jedoch die Beweislast. Der Arbeitgeber habe S auch gar nicht gekündigt, weil er einem konkreten Arbeitseinsatz nicht nachgekommen sei, sondern allein wegen dessen Weigerung, den neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. Zu Unrecht habe die Agentur für Arbeit angenommen, der Arbeitgeber sei vor einer Kündigung nicht verpflichtet, ein konkretes Fehlverhalten des Arbeitnehmers zunächst abzuwarten, sondern könne "vorsorglich" kündigen, um gegebenenfalls in der Zukunft auftretende Probleme zu vermeiden.
Etwas anderes könnte aus Sicht des Gerichts gegebenenfalls dann gelten, wenn ein Arbeitnehmer ein schwerwiegendes Fehlverhalten ankündige, was hier ebenfalls nicht nachgewiesen sei. Darüber hinaus sei S von seinem Arbeitgeber vor der Kündigung auch nicht abgemahnt worden; grob fahrlässiges Verhalten könne ihm schon deshalb nicht vorgeworfen werden.
Quelle: SG Heilbronn - Pressemitteilung vom 05.12.11