Bayer. LSG, Urt. v. 18.12.2012 - L 1 LW 31/11
Das traditionelle Bild einer Landwirtsfamilie prägt das gemeinsame Zusammenhelfen von Vater, Mutter, Tochter und Sohn. Sind aber der Bauer und seine Frau alt, kann häufig der Hof ihre Altersversorgung nicht mehr tragen. Deshalb wurde vor fast 20 Jahren die Pflichtversicherung der Ehefrauen in der Landwirtschaftlichen Alterskasse begründet. Für den Fall, dass die Ehefrau abweichend vom traditionellen Familienbild auch nach der Hochzeit weiterhin arbeitet, kann sie sich von der Beitragspflicht befreien lassen. Zur Frage der Beitragspflicht für Ehefrauen von Landwirten und den Voraussetzungen einer Befreiung von der Beitragslast hat das Bayerische Landessozialgericht eine klärende Entscheidung getroffen.
Darum geht es
Am 08.08.2010 heiratete die Klägerin ihren Ehemann, einen Landwirt mit rund 8 ha Nutzfläche. Ihren Beruf als Mitarbeiterin eines Therapiezentrums ließ sie ruhen, als ein gemeinsamer Sohn geboren wurde. Eine endgültige Berufsaufgabe allerdings plante die Klägerin nicht. Über die Eheschließung informierte der Landwirt die Alterskasse am 25.02.2011. Zum 01.04.2011 stellte die Landwirtschaftliche Alterskasse die Beitragspflicht der Ehefrau fest, eine rückwirkende Befreiung von der Beitragspflicht lehnte die Kasse ab - die dreimonatige Antragsfrist ab Eheschließung sei bereits abgelaufen. Dagegen wandte sich die Klägerin, weil sie weder über die Beitragspflicht noch über die ablaufende Antragsfrist informiert gewesen sei. Zudem mache für sie eine Beitragspflicht keinen Sinn, weil die gemeinsame Lebensplanung vom traditionellen Erwerbsbild einer Landwirtsfamilie abweiche und mit den zu zahlenden Beiträgen allenfalls Rentenanwartschaften von wenigen Euro erworben werden könnten. Eine echte Alterssicherung könne das nicht sein.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Bayerische Landessozialgericht wies die Klage in zweiter Instanz ab. Die Landwirtschaftliche Alterskasse habe das Gesetz über eine Altershilfe in der Landwirtschaft zutreffend angewandt. Danach sei die Ehefrau mit der Eheschließung beitragspflichtig geworden. Einen rechtzeitigen Befreiungsantrag habe die Klägerin nicht gestellt. Sie dürfe daher von der Beitragspflicht nur für die Zukunft befreit werden. Der Ehemann der Klägerin sei bereits 2005 schriftlich und zutreffend über die Beitragspflichten auch im Falle einer Eheschließung belehrt worden. Dennoch sei die Hochzeit nicht zeitnah mitgeteilt worden. Die Beitragspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse sei durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft begründet. Diese rechtfertige es auch, der auch der Ehefrau eine einheitliche dreimonatige Frist für einen Befreiungsantrag zuzumuten.
Folgerungen aus der Entscheidung
Das Bayerische Landessozialgericht hat die Priorität der rentenrechtlichen Absicherung von Ehefrauen in der Landwirtschaft gefestigt. Diese Absicherung bietet nicht nur Altersrenten, sondern auch Betriebshilfen sowie das gesamte Spektrum der Rehabilitation im Krankheitsfalle. Als Kehrseite dieser sozialen Absicherung besteht die Beitragspflicht. Von ihr befreit zu werden erfordert bestimmte Voraussetzungen einschließlich der Einhaltung von Fristen. Diese Anforderungen müssen im Interesse der Versichertengemeinschaft streng ausgelegt werden. Deshalb solle die Beitragspflicht entsprechend dem Willen des Gesetzgebers der Regelfall bleiben.
Quelle: LSG Bayern, Pressemitteilung - vom 20.12.12