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Sozialrecht -

Bundesrat stimmt Härtefallregelung für Hartz IV-Empfänger zu

Das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Änderung weiterer Gesetze, dem der Bundesrat am 07.05.2010 zugestimmt hat, schafft die Rechtsgrundlage für die im Urteil des BVerfG v. 09.02.2010 geforderte Härtefallregelung für Hartz IV-Empfänger.

Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrates und zur Übertragung der fortzuführenden Aufgaben auf den Stabilitätsrat sowie zur Änderung weiterer Gesetze, BR-Drucks. 204/10 (Beschluss) v. 07.05.2010

Nach der Neuregelung haben Hartz IV-Empfänger zukünftig neben denüblichen Regelleistungen Anspruch auf einen unabweisbaren Mehrbedarf.Dazu wurde das SGB II wie folgt geändert:

§ 3 Absatz 3 Satz 2 SGB II wird aufgehoben.
(3)Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dürfen nur erbrachtwerden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigtwerden kann; die nach diesem Buch vorgesehenen Leistungen decken denBedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einerBedarfsgemeinschaft lebenden Personen. Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen.

§ 21 SGB II wird wie folgt geändert:
(1) Leistungen für Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 5 6, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind.
...
Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 eingefügt:

(6) Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten einen Mehrbedarf, soweit imEinzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaligerbesonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn erinsbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unterBerücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Hilfebedürftigen gedecktist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarfabweicht.

(67) Die Summe des insgesamt gezahlten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2bis 5 darf die Höhe der für erwerbsfähige Hilfebedürftige maßgebendenRegelleistung nicht übersteigen.

Begleitende Entschließung des Bundesrates:

DerBundesrat hat der in das SGB II eingefügten Mehrbedarfsregelung zwarzugestimmt, sieht diese Regelung jedoch als kritisch an, weil auf dieseWeise eine unterschiedliche Ausgestaltung der beiden FürsorgesystemeSGB II (Hartz IV) und SGB XII (Sozialhilfe) erfolgt. Der Träger derSozialhilfe hat nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nämlich dieMöglichkeit, im Falle eines erheblich abweichenden Bedarfs auch eineabweichende Festlegung von Regelsätzen vorzunehmen. Eine solcheÖffnungsklausel fehlt im SGB II. Daher bittet der Bundesrat dieBundesregierung die durch die unterschiedlichen Regelungen entstehendenWertungswidersprüche bei nächster Gelegenheit gesetzgeberisch durch inbeiden Gesetzen abgestimmte Regelungen zu beseitigen.

Vergleich zwischen den bislang geltenden Regelungen zum Mehrbedarf nach SGB XII und SGB II:

Zurfolgenden Übersicht vgl.: Klinger/Kunkel/Peters, Sozialhilferecht. 2.Aufl. 2007 nach Anpassung an die Änderungen bis zum 15.07.2009.

SGB XII SGB II
Grundsicherung (GSi) Hilfe zum
Lebensunterhalt (HzL)
Hilfen in untersch. Lebenslagen (HiuL) Sicherung des
Lebensunterhalts (SdL)
Wie HzL
(§ 42 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 30 SGB XII)
Für Personen, die
- 65 bzw. 67 J. sind und einen Ausweis „G“ oder einen Bescheid der Hauptfürsorgestelle haben oder
- jünger, aber voll erwerbsgemindert sind und einen Ausweis „G“ oder einen Bescheid der Hauptfürsorgestelle haben
- im 4. Monat schwanger sind oder
- alleinerziehend sind oder
- behindert (ab 15 J.) sind und Eingliederungshilfe erhalten oder - wg. Krankheit oder Behinderung einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen
(§ 30 Abs. 1 bis 5 SGB XII)
Entfällt Für Personen, die
- im 4. Monat schwanger sind
- alleinerziehend sind
- behindert sind und Hilfe nach § 33 SGB IX erhalten
- kostenaufwändiger Ernährung bedürfen
(§ 21 Abs. 1 bis 5 SGB II)

Dies gilt auch für Bezieher von Sozialgeld (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB II), wobei der Mehrbedarf für Behinderte auch dann gewährt wird, wenn Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB XII geleistet wird.
Wie HzL Sonderbedarf: Wenn im Einzelfall Abweichung vom durchschnittlichen Bedarf und unabweisbar (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XIII) Nein Sonderbedarf: Wie HzL, aber nur als Darlehen oder Sachleistung (§ 23 Abs. 1 SGB II)

Quelle: Redaktion - Beitrag auf Grundlage der Pressemeldung des Bundesrates Nr. 70/2010 vom 07.05.10