Berücksichtigung von Provisionen beim Elterngeld

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass Provisionen weiterhin bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Provisionen neben dem monatlichen Grundgehalt mehrmals im Jahr nach festgelegten Berechnungsstichtagen regelmäßig gezahlt werden.

Darum geht es

Den Klägerinnen, einer Lehrgangsmanagerin, einer Vertriebsbeauftragten und eine Personalvermittlerin im Außendienst wurde Elterngeld gewährt. Alle drei Klägerinnen bezogen ein Grundgehalt von 3.000 bzw 3.100 € brutto, das bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt wurde. Die für das Elterngeld zuständigen Stellen hatten es aber abgelehnt, bei der Elterngeldberechnung die an die Klägerinnen erfolgten Provisionszahlungen zu berücksichtigen. In dem für die Berechnung maßgeblichen Bemessungszeitraum, den letzten zwölf Monaten vor dem Monat der Geburt des Kindes, hatten alle drei Klägerinnen nach arbeitsvertraglich vereinbarten Zeitpunkten mehrmals im Jahr Provisionszahlungen erhalten, eine der Klägerin sogar in jedem Monat. Die zuständigen Stellen berufen sich darauf, dass die Arbeitgeber die Provisionszahlungen bei Einbehalt der Lohnsteuer jeweils als sonstige Bezüge behandelt hatten. Das Gesetz ordne aber an, dass Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt würden, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt werden dürften. Die Landessozialgerichte sind dieser Ansicht zum Teil gefolgt, zum Teil haben sie zu höherem Elterngeld verurteilt, weil auch die Provisionen leistungserhöhend zu beachten seien.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Bundessozialgericht erkennt an, dass es den Behörden möglich sein muss, das Elterngeld möglichst unkompliziert und ohne großen Verwaltungsaufwand zu berechnen. Es ist jedoch nicht möglich, Provisionen allein deshalb außen vor zu lassen, weil der Arbeitgeber Provisionen im Lohnabzugsverfahren faktisch als sonstige Bezüge behandelt hat. Zwar ordnet das Elterngeldgesetz an, dass Einnahmen, die im Lohnsteuer­abzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelt werden, bei der Elterngeldberechnung nicht berücksichtigt werden. Hätte der Gesetzgeber aber darauf abstellen wollen, dass es nur darauf ankommt, ob der Arbeitge­ber bestimmte Einnahmen tatsächlich als sonstige Bezüge behandelt hat, hätte das Gesetz anders formuliert werden und etwa lauten müssen: "Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die der Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfah­ren als sonstige Bezüge behandelt hat." Dann aber müssten Zahlungen selbst dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Arbeitgeber eindeutig zum regelmäßigen Arbeitsentgelt zählende Entgeltkomponenten aus Versehen als sonstige Bezüge behandelt hat.
 
Gründe der Verwaltungspraktikabilität rechtfertigen es im Allgemeinen, der Verwaltung möglichst einfache Anknüpfungspunkte an die Hand zu geben, damit das Elterngeld zügig und ohne umständliche Ermittlungen berechnet und ausgezahlt werden kann. Das Abstellen auf Arbeitgeberauskünfte bzw. das Lohnsteuerabzugsverfahren - wie in den vorliegenden Fällen geschehen - darf aber nicht zu Zufallsergebnissen führen, die dem Gesetzeszweck des Elterngeldgesetzes widersprechen. Steuerrecht und Elterngeldrecht verfolgen unterschiedliche Ziele. Das Steuerrecht sieht für sonstige Bezüge zum Schutz des Steuerpflichtigen besondere Besteuerungsvorschriften vor, ohne dass es Provisionen dabei steuerfrei stellt. Was im Steuerrecht zum Schutz des Steuerpflichtigen gedacht ist, würde nach der Rechtsansicht der für das Elterngeld zuständigen Stellen im Elterngeldrecht aber stets zu einem endgültigen Nachteil beim Elterngeld führen. Dafür gibt es keine ausreichenden sachlichen Gründe. Regelmäßige, mehrmals im Jahr zusätzlich zum Grundgehalt gezahlte Provisionen sind elterngeldrechtlich nicht anders zu behandeln als das Grundgehalt.
 
Provisionen bleiben nach Sinn und Zweck des Gesetzes nur dann unberücksichtigt, soweit sie nicht rechtzeitig gezahlt werden und es durch ihre Voraus? oder Nachzahlung zu einer Ver­lagerung in den für das Elterngeld maßgeblichen Beobachtungszeitraum (Bemessungszeitraum = letzte zwölf Monate vor dem Monat der Geburt des Kindes) kommt. In diesem Fall könnte ihre Berücksichtigung dazu führen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse im Beobachtungszeitraum, an die das Elterngeld anknüpfen will, unzutreffend abgebildet werden und das Elterngeld durch diese außergewöhnliche Zahlung zu hoch ausfällt.
 
Ob Letzteres der Fall ist, muss in einem der drei Streitverfahren noch geprüft werden. In einem weiteren Fall muss das Elterngeld unter Berücksichtigung von Provisionen neu berechnet und daher der Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen werden. Bundessozialgericht, Urt. v. 26.03.2014 - B 10 EG 14/13 R

Quelle: Bundessozialgericht, Pressemitteilung v. 26.03.2014