Ein Arbeitgeber kann Mitarbeitern anbieten, nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags das Unternehmen gegen Abfindung zu verlassen, auch wenn die Anzahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenzt ist und die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen erfolgt. Das hat das LAG Düsseldorf entschieden. Aufhebungsverträge können für Arbeitnehmer aber auch sozialrechtliche Folgen haben.
Sachverhalt
Ein Gruppenleiter im Bereich IT fühlte sich durch seinen Arbeitgeber nicht korrekt behandelt. Sein Arbeitgeber hatte mit dem Konzernbetriebsrat ein Konzept zum Personalabbau vereinbart. Insgesamt ging es um 1.600 von 9.100 Arbeitsplätzen. Das Hauptproblem des Falls: Die Arbeitnehmer konnten sich frei entscheiden, ob sie an dem Abfindungsprogramm teilnehmen wollen – also ob sie gegen Zahlung einer Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden möchten. Gab es mehr Bewerber für das Abfindungsprogramm als Abfindungszahlungen vorgesehen waren, entschied nicht das Los, sondern der zeitliche Eingang der Meldungen. In dem „Offenes Abfindungsprogramm“ genannten Konzept hieß es wörtlich:
„Es wird eine externe Koordinationsstelle … eingerichtet. Der Mitarbeiter sendet seine verbindliche Erklärung zur Teilnahme am Offenen Abfindungsprogramm in der bekannt gegebenen Form (per E-Mail mit angehängter unterschriebener Erklärung, Formblatt) an die bekannt gegebene Externe Koordinationsstelle. ... Für den Fall, dass es mehr Interessenten als Plätze im Kontingent gibt, werden die zeitlich früheren Eingänge berücksichtigt.“
Im Bereich IT sollten sieben Stellen entfallen, aufgrund technischer Bedenken sollten die Meldungen der Arbeitnehmer auf einer Webseite entgegengenommen werden. Der IT-Gruppenleiter gab eine entsprechende Meldung ab und erhielt eine Anmeldebestätigung mit Eingang von 13:07:53:560 Uhr (Millisekunden). Der Arbeitgeber musste ihm allerdings mitteilen, dass er nicht berücksichtigt werden würde. Seine Meldung sei zu spät eingetroffen. Es wären keine freien Plätze im Rahmen des zur Verfügung stehenden Kontingentes mehr vorhanden. Der letzte berücksichtigte Arbeitgeber hatte ca. 7 Minuten vorher seine Meldung abgegeben, nämlich um 13:01:09:603 Uhr.
Trotzdem verlangte der IT-Gruppenleiter den Abschluss eines Aufhebungsvertrags und die Zahlung einer ihm angeblich zustehenden Abfindung i.H.v. 298.777 €. Schließlich klagte er den Aufhebungsvertrag und die Zahlung ein.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Das LAG Düsseldorf stellte sich allerdings auf die Seite des Arbeitgebers und wies die Klage ab.
Es liegen keinerlei rechtliche Bedenken vor, wenn ein Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat Mitarbeitern das Ausscheiden gegen Abfindung anbietet, die Anzahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenzt und die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen trifft.
Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf ein Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung. Daher ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, wie er eine mögliche Auswahl gestaltet. Natürlich darf er dabei keine unzulässigen Diskriminierungen vornehmen. Für eine entsprechende Ungleichbehandlung, also einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, ließen die Richter aber keinen Raum. Der Arbeitgeber hatte insbesondere einen früheren Eingang der Meldung des Arbeitnehmers nicht treuwidrig vereitelt.
Das Softwareprogramm war vom Arbeitgeber getestet worden und ein Belastungstest für jede denkbare Situation war nicht erforderlich gewesen. Auch wurde der IT-Gruppenleiter nicht willkürlich schlechter gestellt. Das Gericht hat keine Anzeichen erkannt, dass aufgrund eines technischen Fehlers bestimmten Mitarbeitern ein schnellerer Zugriff auf die Website gewährt wurde. Es war auch in Ordnung, wenn durch das Abstellen auf Millisekunden nach menschlichem Ermessen die exakte Eingangszeit nicht bis ins Letzte zu beeinflussen ist. Da weder eine vorsätzliche noch eine fahrlässige Handlung zum Nachteil des Arbeitnehmers vorlag, besteht auch kein Schadensersatzanspruch auf Abschluss des Aufhebungsvertrags und der Zahlung einer Abfindung.
Folgerungen aus der Entscheidung
Es ist also in Ordnung und rechtmäßig, wenn ein Arbeitgeber in Abstimmung mit seinem Betriebsrat Mitarbeitern das Ausscheiden gegen Abfindung anbietet, die Anzahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenzt und die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen trifft.
Praxishinweis
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann für beide Seiten vorteilhaft sein – also sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat schnell Rechtssicherheit, und in aller Regel erhält der Arbeitnehmer für seine Unterschrift etwas. Häufig ist dieses eine Abfindung oder aber zumindest ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer guten Führungs- und Leistungsbeurteilung.
Das Problem bei Aufhebungsverträgen liegt häufig darin, dass der Arbeitnehmer eine Sperrzeit beim Bezug des Arbeitslosengeldes erhält.
Das ist allerdings nicht immer der Fall und eine Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit zu Aufhebungsverträgen schützt vor der Verhängung einer Sperrfrist. Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags liegt nach der Weisungslage der Bundesagentur vor, wenn
- eine Abfindung von 0,25 bis zu 0,5 Monatsentgelten pro Beschäftigungsjahr gezahlt wird,
- der Arbeitgeber betriebsbedingt unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum selben Zeitpunkt gekündigt hätte,
- die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre und
- der Arbeitnehmer nicht unkündbar (Sonderkündigungsschutz) war.
Diese Grundsätze gelten nicht außerhalb der Bandbreite von 0,25 bis 0,5 Monatsentgelten pro Beschäftigungsjahr. Bei solchen Abfindungen wird die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung stets durch die Bundesagentur für Arbeit geprüft.
LAG Düsseldorf, Urt. v. 12.04.2016 - 14 Sa 1344/15
Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader