Ein Arbeitnehmer hat kein Recht, bei der Einsichtnahme seiner Personalakte einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn er Kopien aus seiner Personalakte fertigen darf. Das hat das BAG entschieden. Was in Personalunterlagen dokumentiert werden sollte und welche Datenschutzvorgaben zu beachten sind, ist vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht klar.
Sachverhalt
Ein Lagerist war nach einem Betriebsübergang bei einer neuen Arbeitgeberin beschäftigt. Seine bisherige Arbeitgeberin hatte ihm zuvor eine Ermahnung erteilt und seinen Antrag, unter Hinzuziehung einer Rechtsanwältin Einsicht in seine Personalakten zu nehmen, unter Hinweis auf ihr Hausrecht abgelehnt. Allerdings hatte sie dem Lagerlisten gestattet, Kopien von den Schriftstücken seiner Personalakten anzufertigen. Der Arbeitnehmer bestand jedoch weiterhin darauf, seine Rechtsanwältin hinzuzuziehen, und klagte sein vermeintliches Recht vor dem Arbeitsgericht ein.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Der Arbeitnehmer hat in sämtlichen Instanzen verloren. Da ihm die Arbeitgeberin gestattet hatte, für sich Kopien von der Personalakte anzufertigen, hatte der Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit, den Inhalt der Personalakten mit seiner Rechtsanwältin zu erörtern.
Zudem ist das Einsichtsrechts des Arbeitnehmers in seine Personalakten in § 83 BetrVG ausschließlich und abschließend geregelt. Danach hat ein Arbeitnehmer das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen und hierzu ein Mitglied des Betriebsrats hinzuzuziehen.
Von einer Einsichtnahme durch den Rechtsanwalt steht in dieser Vorschrift nichts. Ein Anspruch des Arbeitnehmers ergibt sich auch nicht aus einer Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers oder aus dem Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung.
Folgerungen aus der Entscheidung
Erlaubt der Arbeitgeber das Anfertigen von Kopien aus dem Inhalt der Personalakte, ist das völlig ausreichend. Ein Recht auf Hinzuziehung des eigenen Rechtsanwalts gibt es dann nicht. Ausdrücklich hat das BAG allerdings festgestellt, dass dies eben nur dann gilt, wenn Kopien gefertigt werden dürfen. Verweigert der Arbeitgeber dieses Recht, kann dies durchaus dazu führen, dass in einer Folgeentscheidung das Hinzuziehen eines Rechtsanwalts erlaubt wird.
Praxishinweis
Arbeitgeber sind grundsätzlich nicht verpflichtet, Personalakten zu führen. Wenn sie aber Schriftstücke, Urkunden und sonstige Vorgänge aus einem Arbeitsverhältnis aufbewahren, liegt faktisch schon eine Personalakte vor. Es kommt also nicht darauf an, dass sie diese Akte als Personalakte bezeichnen. Werden solche Akten geführt, dürfen sie nur Angaben enthalten, die einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben. Enthält eine Personalakte objektiv unrichtige Angaben, hat der entsprechende Arbeitnehmer Anspruch auf Entfernung, Berichtigung und/oder auf eine Gegendarstellung. Das gilt auch für fehlerhafte Abmahnungen.
Wie schon oben erwähnt, haben Arbeitnehmer aus § 83 BetrVG ein Recht auf Einsichtnahme in die sie betreffende Personalakte unter Hinzuziehung eines Mitglieds des Betriebsrats. Auch die digitale Personalakte ist vertraulich zu behandeln. Gibt es eine Personalabteilung, ist hier genau festzulegen, wer Einsicht in die Personalaktendaten haben darf.
Letztendlich ist die digitale Personalakte eine softwarebasierte Datei zur Verwaltung von Dokumenten. Diese Dokumente werden digitalisiert und bestehen aus Bewerbungsunterlagen, Arbeitsverträgen, Zusatzvereinbarungen, Beurteilungen, Schriftverkehr, ärztlichen Bescheinigungen, Abmahnungen, Zeugnissen und vielem mehr.
Interessant sind auch digitale Schnittstellen zu anderen Softwareanwendungen wie solchen aus den Bereichen Buchhaltung, Personaleinsatzplanung, Controlling, Zeitwirtschaft oder Archivierung.
In keinem Fall dürfen sensible Daten ohne besonderen Schutz in die Personalakte abgeheftet werden. Gibt es beispielsweise einen Briefwechsel über eine Alkoholkrankheit eines Mitarbeiters, sind diese in einem geschlossenen Umschlag getrennt von der Personalakte aufzubewahren. Denn der Arbeitgeber hat sensible Informationen über den Gesundheitszustand seiner Mitarbeiter stets besonders vertraulich zu behandeln. Dazu gehört es auch, dass nicht jeder beliebige Dritte oder auch unzuständige Sachbearbeiter von den Gesundheitsdaten der Arbeitnehmer Kenntnis erlangen darf. Natürlich gilt das ebenso für die digitale Personalakte.
Da es sich bei einem Arbeitsvertrag auch um sonstige Unterlagen i.S.d. Steuerrechts handeln kann, sollten Personalakten mindestens sechs Jahre aufbewahrt werden. Finden sich in den Personalunterlagen Buchungsbelege, verlängert sich die Frist sogar auf zehn Jahre.
Dafür sollte stets auch die Fristverlängerung für schwebende, noch nicht abgeschlossene Verfahren beachtet werden. Die Aufbewahrungsfrist beginnt in diesem Fall erst mit dem rechtskräftigen Abschluss der Angelegenheit.
Wichtig: Nach dem Bundesdatenschutzgesetz ist der Arbeitgeber sogar zu einer Löschung verpflichtet, wenn er die Daten nicht mehr benötigt.
BAG, Urt. v. 12.07.2016 - 9 AZR 791/14
Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader