Sozialgericht Berlin, Gerichtsbescheid v. 21.10.2011 - S 98 U 178/10
Das Sich-Verschlucken beim Schlecken von Speiseeis auf dem Weg von der Arbeit stellt keinen Arbeitsunfall dar. Folglich besteht kein Anspruch auf Heilbehandlung oder Verletztengeld gegen die gesetzliche Unfallversicherung wegen eines dadurch verursachten Herzinfarktes.
Darum geht es:
Der damals 49-jährige Kläger aus Berlin-Reinickendorf war als freiwillig versicherter Unternehmensberater tätig. Seinen Angaben nach befand er sich im Mai 2009 auf dem Heimweg von einem Geschäftstermin in Berlin-Mitte, als er sich auf einem U-Bahnhof ein Eis gekauft habe. Beim Einfahren der U-Bahn habe er das letzte Stück - einen hartgefrorenen Brocken - unwillkürlich verschluckt. Es sei in der Speiseröhre hängen geblieben, was blitzartig dumpfe Schmerzen verursacht habe. Wenig später wurde in der Rettungsstelle eines Krankenhauses ein Herzinfarkt festgestellt. Die beklagte Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Berlin lehnte die begehrte Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab.
Wesentliche Entscheidungsgründe:
Der Vorsitzende der 98. Kammer des Sozialgerichts Berlin folgte der Auffassung der Beklagten und wies die im März 2010 mit Unterstützung eines Rechtsanwalts erhobene Klage durch Gerichtsbescheid vom 21.10.2011 ab (also im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung). Es liege kein Arbeitsunfall vor, denn das Eisessen sei nicht der unfallversicherungsrechtlich geschützten Tätigkeit zuzurechnen.
Arbeitsunfälle seien Unfälle von Versicherten infolge einer versicherten Tätigkeit. Für die Zuordnung einer Handlung zum Kreis der versicherten Tätigkeit reiche ein bloßer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang nicht aus. Vielmehr müsse ein sachlicher Zusammenhang zwischen Handlung und Berufstätigkeit bestehen. Die Nahrungsaufnahme sei daher grundsätzlich unversichert. Etwas anderes gilt nur, wenn die Nahrungsaufnahme ausnahmsweise zur Wiedererlangung der Arbeitskraft besonders erforderlich sei oder aus betrieblichen Gründen besonders schnell gegessen werden müsse. Eis jedoch werde erfahrungsgemäß zum Genuss verzehrt und nicht etwa, um sich für die Arbeit zu stärken. Dies gelte umso mehr, da sich der Kläger bereits auf dem Heimweg befunden habe.
Quelle: SG Berlin - Pressemitteilung vom 02.12.11