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Tierhalterhaftung auch beim Eingreifen von Menschen

Die Tierhalterhaftung erfasst auch erst durch helfendes Eingreifen des Menschen verursachte Schäden. Die verschuldensunabhängige Haftung besteht bereits, wenn eine Verletzung adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist. Das hat das OLG Frankfurt klargestellt. Im Streitfall war die Klägerin beim Versuch gestürzt, den Hund ihres Nachbarn von ihrer Katze zu trennen.

Darum geht es

Die Parteien sind Nachbarn. Sie räumten im Januar 2017 gleichzeitig Schnee von ihren Grundstücken. Unter dem Neuschnee hatte sich auf dem klägerischen Grundstück eine vereiste Fläche gebildet. 

Der Hütehund des Beklagten gelangte während der Räumarbeiten auf das Grundstück der Klägerin. Ob die Klägerin nachfolgend stürzte, da der Hund des Beklagten den Kater der Klägerin angegriffen hatte, ist zwischen den Parteien streitig. 

Das Landgericht hatte nach Beweisaufnahme die auf Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere Schäden gerichtete Klage abgewiesen (Landgericht Gießen, Urt. v. 26.8.2021 - 2 O 623/20). 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG Frankfurt am Main festgestellt, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe.

Der Beklagte haftet demnach nach den Grundsätzen der sog. Tiergefahr. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin gestürzt sei, da sich der Hund auf ihren Kater gestürzt und diesen am Kopf gepackt habe. 

Die Klägerin habe die Tiere mit ihrem Besen trennen wollen. Sowohl die Angaben der Klägerin als auch die des Beklagten deckten diesen Geschehensablauf. Der Beklagte hatte im Rahmen seiner Anhörung klargestellt, dass er lediglich gesehen habe, dass sein Hund Schläge bezogen habe. 

Die Sicht auf das weitere Geschehen sei dagegen verdeckt gewesen. Es spreche nichts dafür, dass die Klägerin den Hund ohne jeden Grund geschlagen haben sollte. 

Die Klägerin habe den Hund vielmehr schon lange gekannt und in der Vergangenheit regelmäßig mit ihm gespielt. Das vom Beklagten berichtete Schlagen lasse sich ohne Weiteres in Übereinstimmung bringen mit der Schilderung der Klägerin, sie habe versucht, mit dem Besen die Tiere zu trennen. 

Die Angaben der Klägerin seien auch von den Zeuginnen bestätigt worden. Aus der ärztlichen Stellungnahme ergebe sich zweifelsfrei, dass die Klägerin in der fraglichen Zeit Verletzungen am Hand- und Kniegelenk erlitten habe.

Als Halter des Hundes habe der Beklagte damit für die erlittenen Schäden einzustehen. Die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters bestehe bereits, wenn eine Verletzung adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist. 

Es komme nicht auf eine unmittelbar durch das Tier bewirkte Verletzung an. Ausreichend sei, „wenn sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht. 

So liege es hier. Die Klägerin habe sich durch den Angriff des Hundes dazu veranlasst gesehen, dem Kater zu Hilfe zu eilen. Auch wenn es angesichts der winterlichen Verhältnisse aus objektiver Sicht unklug gewesen sei, sich schnell auf die Tiere zuzubewegen, sei es doch eine völlig naheliegende Reaktion gewesen.

Der Höhe nach ist über die erlittenen Verletzungen noch Beweis zu erheben, so dass das OLG zunächst nur die Haftung dem Grunde nach festgestellt hat.

Die Anfechtbarkeit der Entscheidung hängt von der Wertfestsetzung des Revisionsgerichts ab.

OLG Frankfurt am Main, Teil- und Grundurteil v. 18.01.2023 - 4 U 249/21

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 30.01.2023

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