Allgemeine Geschäftsbedingungen in einem Wahlleistungsvertrag mit einer Klinik, wonach der Patient zur Zahlung von „Stornogebühren“ verpflichtet wird, wenn er einen Operationstermin absagt, können unwirksam sein. Das Amtsgericht München hat die gestaffelten, an den jeweiligen Absagezeitpunkt geknüpften Entschädigungsregelungen einer Schönheitsklinik gekippt.
Darum geht es
Die beklagte Münchnerin schloss am 19.06.2015 mit einer Schönheitsklinik in München eine Wahlleistungsvereinbarung über eine Magenballonbehandlung und vereinbarte einen Operationstermin zur Einsetzung des Ballons für den 31.07.2015.
Die Vereinbarung enthält u.a. folgende Geschäftsbedingungen:
Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) stets eine Verwaltungsgebühr von 60 €. (…)
Bei Abwesenheit des Patienten am Eingriffstag oder einer kurzfristigen Absage des Eingriffstermins erhebt die (Name der Klinik) darüber hinaus eine Stornogebühr. (…)
Sie beträgt bei Absage:
- weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40%
- innerhalb von 7 Tagen vor dem Eingriff 60%
- innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff oder
- bei Abwesenheit am Eingriffstag 100%
des Gesamtrechnungsbetrags brutto.
Am 29.07.2015 sagte die Münchnerin den Behandlungstermin zunächst telefonisch und dann schriftlich ab. Die Schönheitsklinik stellte Ihr eine Rechnung über 60 % der Behandlungsgebühren, insgesamt 1.494 €. Die Beklagte zahlte nicht. Daraufhin erhob die Abrechnungsfirma der Schönheitsklinik Klage zum Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter wies die Klage ab. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Schönheitsklinik sind unwirksam.
Die von der Klinik geforderte „Stornogebühr“ übersteige den normalerweise zu erwartenden Schaden und sei unangemessen hoch. Denn der Patient müsse für den Fall einer Absage innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff nicht nur 100 % des Bruttobetrags vergüten, sondern auch noch eine Verwaltungsgebühr von 60 € zahlen. Der Patient muss demnach bei kurzfristiger Absage des Eingriffs mehr bezahlen als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte.
Ein derart hoher Schaden ist völlig realitätsfern und offenkundig einseitig zugunsten des Verwenders festgelegt, so das Gericht. Die Regelung berücksichtige außerdem nicht, dass die Klinik bei Absage eines Operationstermins sich Aufwendungen wie Medikamente und Verbrauchsmaterialen, Strom- und Reinigungskosten erspare, die zugunsten des Patienten abzuziehen seien.
Die Klausel benachteilige den Patienten unangemessen, so das Gericht. Da die Inanspruchnahme einer Heilbehandlung ein gesteigertes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Behandler und Patient voraussetzt, ist allgemein anerkannt, dass Letzterer den Behandlungsvertrag jederzeit gemäß §§ 621 Nr. 5, 627 BGB fristlos kündigen kann, ohne hierfür sachliche (oder gar wichtige) Gründe angeben zu müssen, so das Gericht weiter unter Angabe eines Urteils des BGH.
Der Patient müsse jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff in den Körper oder seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers muss gegenüber dem schützenswerteren Interesse des Patienten auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 28.01.2016 - 213 C 27099/15
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 29.04.2016