Wann haften Inhaber eines drahtlosen Internetverbindung („WLAN“) für Urheberrechtsverletzungen Dritter? Der BGH hat entschieden, dass die Beibehaltung eines vom Hersteller voreingestellten WLAN-Schlüssels bzw. Passworts jedenfalls dann keine Haftung auslöst, wenn sicherheitsrelevante Passwörter individuell vergeben und bestehende Sicherheitslücken erst später bekannt geworden sind.
Darum geht es
Die Klägerin ist Inhaberin von Verwertungsrechten an dem Film „The Expendables 2“. Sie nimmt die Beklagte wegen des öffentlichen Zugänglichmachens dieses Filmwerks im Wege des „Filesharing“ auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Der Film ist im November und Dezember 2012 zu verschiedenen Zeitpunkten über den Internetanschluss der Beklagten durch einen unbekannten Dritten öffentlich zugänglich gemacht worden, der sich unberechtigten Zugang zum WLAN der Beklagten verschafft hatte.
Die Beklagte hatte ihren Internet-Router Anfang 2012 in Betrieb genommen. Der Router war mit einem vom Hersteller vergebenen, auf der Rückseite des Routers aufgedruckten WPA2-Schlüssel gesichert, der aus 16 Ziffern bestand. Diesen Schlüssel hatte die Beklagte bei der Einrichtung des Routers nicht geändert. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Er hat angenommen, dass die Beklagte nicht als Störerin haftet, weil sie keine Prüfungspflichten verletzt hat.
Der Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion ist zur Prüfung verpflichtet, ob der eingesetzte Router über die im Zeitpunkt seines Kaufs für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen, also einen aktuellen Verschlüsselungsstandard sowie ein individuelles, ausreichend langes und sicheres Passwort, verfügt.
Die Beibehaltung eines vom Hersteller voreingestellten WLAN-Passworts kann eine Verletzung der Prüfungspflicht darstellen, wenn es sich nicht um ein für jedes Gerät individuell, sondern für eine Mehrzahl von Geräten verwendetes Passwort handelt. Im Streitfall hat die Klägerin keinen Beweis dafür angetreten, dass es sich um ein Passwort gehandelt hat, das vom Hersteller für eine Mehrzahl von Geräten vergeben worden war.
Die Beklagte hatte durch Benennung des Routertyps und des Passworts sowie durch die Angabe, es habe sich um ein nur einmal vergebenes Passwort gehandelt, der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast genügt. Da der Standard WPA2 als hinreichend sicher anerkannt ist und es an Anhaltspunkten dafür fehlt, dass im Zeitpunkt des Kaufs der voreingestellte 16-stellige Zifferncode nicht marktüblichen Standards entsprach oder Dritte ihn entschlüsseln konnten, hat die Beklagte ihre Prüfungspflichten nicht verletzt.
Sie haftet deshalb nicht als Störerin für die über ihren Internetanschluss von einem unbekannten Dritten begangenen Urheberrechtsverletzungen. Eine bei dem Routertyp bestehende Sicherheitslücke ist in der Öffentlichkeit erst im Jahr 2014 bekannt geworden.
BGH, Urt. v. 24.11.2016 - I ZR 220/15
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 24.11.2016