Das Landgericht Berlin hat über wettbewerbsrechtliche Grenzen im geschäftlichen Auftreten eines Unternehmens entschieden, das Inkassodienstleistungen zur Durchsetzung der Mietpreisbremse erbringt. Nach Ansicht der Rechtsanwaltskammer Berlin erbrachte das Unternehmen von ihrer Inkassoerlaubnis nicht gedeckte Rechtsdienstleistungen, indem sie außergerichtlich rechtsberatend tätig sei.
Darum geht es
Klägerin in diesem Verfahren ist die Rechtsanwaltskammer Berlin. Sie hat die Aufgabe, die beruflichen Belange ihrer Kammermitglieder zu wahren. Die Beklagte zu 1) in diesem Verfahren bietet über eine Internetseite gewerblich die Geltendmachung und Durchsetzung der Rechte von Wohnraummietern aus den Vorschriften der sogenannten Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB), bei Mieterhöhungsverlangen und im Zusammenhang mit Schönheitsreparaturen an.
Sie verfügt über einer Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen für den Bereich der Inkassodienstleistungen. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind zugelassene Rechtsanwälte, der Beklagte zu 2) war, der Beklagte zu 3) ist weiterhin Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
Die Rechtsanwaltskammer Berlin macht in diesem Verfahren gegen die Beklagten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend. Die Rechtsanwaltskammer Berlin ist der Auffassung, die Beklagte zu 1) erbringe von ihrer Inkassoerlaubnis nicht gedeckte Rechtsdienstleistungen, indem sie außergerichtlich in klassischer Weise rechtsberatend tätig sei.
Dies führe zu Wettbewerbsnachteilen für die zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Mitglieder der Rechtsanwaltskammer Berlin. Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Keinen Erfolg hatte die Klage, soweit es darum ging, ob die Tätigkeiten der Beklagten zu 1), insbesondere im Bereich der sog. Mietpreisbremse, (noch) von ihrer Inkassoerlaubnis gedeckt sind.
Dementsprechend hat das Landgericht Berlin entschieden, dass es sich bei den Tätigkeiten der Beklagten zu 1) zur Durchsetzung der Mietpreisbremse entweder schon nicht um eine Rechtsdienstleistung handelt oder sie von der Inkassoerlaubnis umfasst sind oder die Beklagte zu 1) in diesem Bereich nur als Prozessfinanziererin tätig wird.
Nach der Entscheidung des Landgerichts Berlin steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aber ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 2 in Verbindung mit 5 Nr. 1 und Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu, weil die Bezeichnung der Beklagten zu 1) als Rechtsdienstleistungsgesellschaft im Zusammenhang mit der Bezeichnung der Beklagten zu 2) und zu 3) als Rechtsanwälte geeignet sei, die angesprochenen Verkehrskreise dahin zu täuschen, dass die Beklagte zu 1) eine Rechtsanwaltsgesellschaft und kein Inkassounternehmen sei.
Dabei sei es unerheblich, dass die Inkassotätigkeit einen gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall einer Rechtsdienstleistung darstelle, denn es komme allein auf die Täuschungseignung an, die dadurch verstärkt werde, dass – so wie die Beklagte zu 1) als GmbH – auch eine Rechtsanwaltsgesellschaft die Rechtsform einer GmbH wählen dürfe.
Komme hinzu, dass die Gesellschafter als Rechtsanwälte bezeichnet seien, könne ein unbefangener, durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Kunde der Beklagten zu 1) davon ausgehen, dass sie auch eine Rechtsanwaltsgesellschaft und dementsprechend zur umfassenden Erteilung von Rechtsrat befähigt sei.
Die Klarstellung der Rechtsform der Beklagten zu 1) gegenüber Vermietern reicht nach Auffassung des Landgerichts Berlin nicht aus, um eine Irreführung zu vermeiden.
Erfolg hatte die Klage auch insoweit, als die von der Beklagten zu 1) benutzte anwaltliche Versicherung nach der Entscheidung des Gerichts eine Irreführung gemäß § 5 Nummer 1 und Nummer 3 UWG darstelle. Schließlich hat das Landgericht Berlin auch entschieden, dass bezüglich der Rechnungsstellung der Zusatz „gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz“ eine Irreführung gemäß § 5 Nr. 1 und Nr. 3 UWG darstelle.
Das gestern verkündete Urteil des Landgerichts Berlin ist nicht rechtskräftig; die Beklagte zu 1) und die Klägerin - soweit ihre Klage abgewiesen wurde - haben jeweils die Möglichkeit, dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb von einem Monat nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe einzulegen.
Landgericht Berlin, Urt. v. 15.01.2019 - 15 O 60/18
Quelle: Kammergericht, Pressemitteilung v. 16.01.2019