Das Landgericht Berlin hat in einem Verfahren die Ansicht vertreten, dass der „Berliner Mietendeckel“ verfassungsgemäß ist. Allerdings könnten hiermit trotz des gesetzlichen Stichtags vom 18.06.2019 Mieterhöhungen erst ab Inkrafttreten des Gesetzes am 23.02.2020 verhindert werden. Ein früheres Mieterhöhungsverlangen lehnte das Gericht wegen Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete ab.
Darum geht es
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit hatte das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg in Berlin ein Mieterhöhungsverlangen der Vermieterseite vom 18.06.2019 - und damit genau vom gesetzlichen Stichtag - im Rahmen einer Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zu prüfen.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hatte die Klage der Vermieterseite in der ersten Instanz mit der Begründung abgewiesen, das mit der Klage geltend gemachte Mieterhöhungsverlangen für die Zeit ab dem 01.09.2019 sei auf ein nach den §§ 3 Abs. 1 Satz 1 MietenWoG Bln und 134 BGB verbotenes Rechtsgeschäft gerichtet, da ein Mietzins verlangt werde, der die am 18.06.2019 - dem Stichtag des Gesetzes - wirksam vereinbarte bzw. geltende Miete überschreite.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Auf die eingelegte Berufung des klagenden Vermieters haben die Richter der Zivilkammer 66 des Landgerichts Berlin die Entscheidung der ersten Instanz für die Mietzinsansprüche ab dem 01.03.2020 bestätigt.
Die Kammer sieht das Gesetz zum sog. „Berliner Mietendeckel“ weder formell noch materiell als verfassungswidrig an, sodass keine Vorlage nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht geboten sei.
Das Bundesverfassungsgericht habe bisher lediglich im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes die Frage nach der Gesetzeskompetenz des Landes Berlin für das MietenWoG Bln als „offen“ bezeichnet, und damit eine Tendenz nicht erkennen lassen.
Da die Kammer selbst nicht zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit gelangt sei, sei das Verfahren auch nicht auszusetzen, sondern das als wirksam erachtete Gesetz anzuwenden.
Allerdings sei das MietenWoG Bln als ein Verbotsgesetz mit zivilrechtlichen Folgen nach § 134 BGB erst am 23.02.2020 in Kraft getreten.
Der im Gesetz enthaltene Stichtag am 18.06.2019 stelle zwar einen materiell maßgeblichen Bezugspunkt für die Ermittlung der absolut (noch) zulässigen Miethöhe dar, ändere aber nichts daran, dass das gesetzliche Verbot höherer Mieten zum Stichtag am 18.06.2019 noch nicht existiert habe, sondern erst ab dem 23.02.2020 gelte.
Daher sei eine höhere Miete als die am Stichtag vereinbarte bzw. geltende Miete erst ab dem März 2020 für den monatlich zu zahlenden Mietzins verboten.
Das Mieterhöhungsverlangen für die Zeit ab dem 01.09.2019 bis Ende Februar 2020 verstoße daher zwar nicht gegen das gesetzliche Verbot des MietenWoG Bln, überschreite aber die ortsübliche Vergleichsmiete, sodass die Klage auf Zustimmung zur Erhöhung der Miete für den Zeitraum vom 01.09.2019 bis Ende Februar 2020 aus diesem Grunde keinen Erfolg habe, weshalb die Berufung insgesamt unbegründet und zurückzuweisen sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH innerhalb von einem Monat ab förmlicher Zustellung des Urteils eingelegt werden.
Landgericht Berlin, Urt. v. 31.07.2020 - 66 S 95/20
Quelle: Kammergericht Berlin, Pressemitteilung v. 31.07.2020