Das Amtsgericht München hat entschieden, dass der Insolvenzverwalter eine Sozialwohnung kündigen darf, wenn der in Insolvenz gegangene Mieter diese nicht selbst bewohnt. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Mieter zudem eine weitere Sozialwohnung in München angemietet. Unklar blieb im Verfahren die Frage, warum der Mann überhaupt zwei staatlich geförderte Wohnungen anmieten konnte.
Darum geht es
Laut Mietvertrag erfolgte die Vermietung ausschließlich zu Wohnzwecken. Der Beklagte hatte am 04.12.2018 in einem anderen Räumungsverfahren beim Amtsgericht München wegen einer in München-Arabellapark ebenfalls von ihm angemieteten weiteren Sozialwohnung, diese mit Wohnungsbindung für ein städtisches Klinikum, vorbereitend vorgetragen, jene Wohnung nicht nur zu bewohnen, sondern auf sie auch zur Ausübung seines Berufs als Chauffeur angewiesen zu sein, da sie nur drei Gehminuten von der Garage seines Arbeitgebers entfernt sei. In jener Verhandlung gab sein Anwalt an, der Beklagte wohne tatsächlich aber derzeit in Berlin.
Damit in der hiesigen Verhandlung konfrontiert erklärte der telefonisch dazu befragte Beklagte über seinen Verteidiger, eben zwei Wohnungen zu bewohnen.
Die Klägerin trägt vor, bei dem Beklagten handle es sich um einen in München amtsbekannten Mieter diverser teils öffentlich geförderter Mietwohnungen, der unbefugt an Dritte, insbesondere an sog. Medizintouristen, für teures Geld weitervermiete. Schon bei einem Polizeieinsatz am 12.10.2016 sei festgestellt worden, dass der Beklagte die streitgegenständliche Wohnung nicht selbst bewohnt habe.
Mit dieser Argumentation hatte die Landeshauptstadt München die Klägerin am 16.05.2018 aufgefordert, dem Beklagten zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Noch bevor die Klägerin reagieren konnte, kündigte der zwischenzeitlich für das Vermögen des Beklagten bestellte Insolvenzverwalter am 22.05.2018 den Mietvertrag für die seines Erachtens nicht vom Beklagten bewohnte Wohnung.
Der Beklagte erklärt, die Wohnung nicht an Medizintouristen zu vermieten sondern selbst zu bewohnen. Bei einer vom Insolvenzverwalter vorher angekündigten Nachschau am 03.07.2018 habe sich dies auch bestätigt. Nach Berlin habe - er sich nur pro forma - ummelden müssen. Die Verwertung des anderen Räumungsverfahrens sei ebenso wie die Kündigung des Insolvenzverwalters der eben doch selbstbewohnten Wohnung unzulässig.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab der Klägerin Recht und verurteilte den 40jährigen Beklagten, die von ihm seit März 2000 für zuletzt 403,27 € warm gemietete Eineinhalb-Zimmer-Sozialwohnung von 43,73 m², 4. OG, in München zu räumen und an die klagende Wohnungsbaugesellschaft herauszugeben.
Für das Gericht steht nach der durchgeführten Verhandlung fest, dass es sich bei der streitgegenständlichen Wohnung gerade nicht um die vom Beklagten als solche genutzte Wohnung gehandelt hat und handelt.
Für das Gericht steht fest, dass der Beklagte, obwohl er die hiesige geförderte Wohnung im Jahr 2000 angemietet hatte, dennoch im Jahr 2011 eine weitere sozial geförderte Wohnung mit entsprechender Zweckbindung anmietete.
Für das Gericht steht ebenfalls fest, dass der Beklagte jedenfalls seit dem 31.07.2018 in Berlin gemeldet ist und im (Parallel-)Verfahren am 04.12.2018 unstreitig gestellt hat, dass es sich dabei um seine Wohnsitzadresse handelt.
Es ist schlicht nicht vorstellbar, dass er aus seiner Wohnung in München-Am Hart kurzfristig neun Kilometer in die Wohnung in München-Arabellapark fährt um dort noch kurzfristiger den Anruf zu erhalten, damit er dann in drei Gehminuten die Garage die Garage erreichen kann.
Zudem bleibt der Beklagte eine Erklärung schuldig, warum er im Rahmen staatlich geförderten Wohnraumes einen Anspruch auf eine Zweitwohnung haben sollte.
Es muss dem Beklagten doch bekannt sein, dass in München eine massive Wohnungsnot herrscht, insbesondere bezüglich staatlich geförderten Wohnraums. Es gibt mindestens 10.000 Wohnungssuchende in München, die auf Rangstufe 1 stehen und dringend auf eine geförderte Wohnung angewiesen sind, darunter viele Eltern mit kleinen Kindern.
Deswegen ist es für das Gericht geradezu unverständlich, um nicht zu sagen skandalös, dass der Beklagte hier eine Neuvermietung staatlich geförderten Wohnraums mit derartigen Mitteln torpediert und verhindert.
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 20.12.2018 - 473 C 17391/18
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 31.05.2019