Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren fällt die volle Verfahrensgebühr an, wenn die Hauptsache durch Vergleich erledigt und über die Kosten durch Beschluss nach § 91a ZPO entschieden wird. Dies gilt auch, wenn die Parteien auf Rechtsmittel gegen die Entscheidung und eine Begründung des Beschlusses verzichten.
Darum geht es
Die Parteien haben ein arbeitsgerichtliches Verfahren per Vergleich abgeschlossen. Aus Rechtschutzversicherungsgründen benötigen sie eine vom Gericht zu treffende Kostenentscheidung. Daraufhin wurde die Frage der Kostentragung und einer ermäßigten Gebühr erörtert. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund des geschlossenen Vergleichs die volle und nicht eine verminderte Verfahrensgebühr anfällt.{DB:tt_content:2566:bodytext}
Wesentliche Entscheidungsgründe
Es findet keine Gebührenermäßigung oder sogar ein Entfall der Gerichtsgebühren statt, wenn die Parteien sich mittels gerichtlichen Vergleichs über die Hauptsache einigen, aber eine Kostenentscheidung des Gerichts beantragen, da in diesem Fall das Verfahren nicht insgesamt durch Vergleich beendet worden ist.
Kein Wegfall nach der Vorbemerkung zu 8 KV-GKG
Nach Vorbemerkung 8 KV-GKG entfällt die im betreffenden Rechtszug angefallene Gebühr bei Beendigung des Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich. Dies gilt aber nicht, wenn der Vergleich nur einen Teil des Streitgegenstands betrifft (Roloff, Das moderne Kostenrecht im arbeitsgerichtlichen Verfahren, NZA 2007, 900 ff.).
Es ist erforderlich, dass der Vergleich das gesamte Verfahren erledigt. Zwar ist der Wortlaut in der Vorbemerkung widersprüchlich und spricht nur von einem Vergleich über einen Teil des Streitgegenstands. Die Vorbemerkung 8 KV-GKG ist aber teleologisch und systematisch dahingehend auszulegen, dass das Gebührenprivileg nur eintreten soll, wenn insgesamt keine inhaltlich zu begründende Entscheidung des Gerichts erforderlich ist. Jede andere Handhabung würde zudem zu einer Privilegierung im Vergleich zu dem Kostenverfahren vor den ordentlichen Gerichten führen.
Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht mit § 36 GKG begründen, denn das Kostenverzeichnis geht als speziellere Regelung vor.
Keine Ermäßigung gem. Nr. 8222 Nr. 2 KV-GKG analog
Auch die Privilegierung nach Nr. 8222 Nr. 2 KV-GKG ist nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ermäßigt sich im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren die Gebühr um die Hälfte, soweit es sich um ein Anerkenntnisurteil, ein Verzichtsurteil oder Urteil handelt, das nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält.
Die ordentlichen Gerichte sahen das auf Grundlage der früheren Gesetzgebung anders. Danach sollte die Gebührenermäßigung bei einem Urteil nach § 313a Abs. 2 ZPO analog für einen Kostenbeschluss nach § 91a ZPO gelten.
Mit der Einführung der neuen Nr. 1211 Nr. 4 KV-GKG ist jedoch die Grundlage für diese Rechtsprechung entfallen. Diese Sonderregel regelt abschließend die Kostenentscheidung bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung. Danach ermäßigt sich in zivilrechtlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten die 3,0 Gebühr auf 1,0 bei „Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt“.
Eine Privilegierung soll also nur dann erfolgen, wenn das Gericht keine Kostenentscheidung treffen muss oder es bei seiner Entscheidung einer vorab durch die Parteien mitgeteilten Kostenentscheidung uneingeschränkt folgt. Dies gilt aber nicht, wenn sich das Gericht eine Meinung bilden muss, auch wenn sie nicht zu begründen ist.
Diese Grundsätze gelten entsprechend in arbeitsgerichtlichen Verfahren für Nr. 8222 Nr. 2 KV-GKG.
Keine Ermäßigung gem. Nr. 8222 Nr. 3 KV-GKG
Die Norm findet keine Anwendung, da die vom Gericht getroffene Kostenentscheidung nicht auf eine zuvor mitgeteilte Entscheidung der Parteien über die Kostentragung erfolgt.
Quelle: LAG Baden-Württemberg - Urteil vom 11.08.09