Wer im Straßenverkehr sein Fahrzeug ohne (verkehrsbedingten) Grund abbremst, gefährdet andere Verkehrsteilnehmer und haftet für einen daraus entstandenen Schaden mit 30 %. Das hat das Amtsgericht München im Fall einer Fahrerin entschieden, die aufgrund einer geänderten Baustellenführung unvermittelt abgebremst hatte - die Frau hatte angenommen, sie hätte sich verfahren.
Darum geht es
Der Ehemann der Klägerin, ein Rechtsanwalt aus Ebenhausen, fuhr am 13.11.2012 mit dem PKW Golf seiner Frau mit 50 Stundekilometern auf der Garmischer Straße in München.
Auf Höhe der Einmündung der Lindauer Autobahn bremste die Fahrerin des bei der beklagten Münchner Versicherung versicherten Pkw Mercedes-Benz stark und unvermittelt ab, da aufgrund einer geänderten Baustellenführung - die Fahrerin dachte, sie habe sich verfahren. Der Rechtsanwalt konnte nicht mehr bremsen und fuhr auf den Mercedes vor ihm auf.
Durch den Unfall ist der Klägerin an ihrem Golf ein Schaden in Höhe von 3.892 € entstanden, wovon 1.297 € bereits von der beklagten Versicherung bezahlt worden sind.
Die Klägerin ist der Meinung, dass die Fahrerin des Mercedes den Unfall alleine verursacht hat und zu 100% die Schuld daran trägt. Die Klägerin verlangt von der gegnerischen Versicherung die restlichen 2.595 €. Da sich diese weigerte, den Restbetrag zu zahlen, erhob die Klägerin Klage vor dem Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter gab der Versicherung Recht. Es wies die Klage insoweit ab.
Die Klägerin bekommt über den bereits bezahlten Betrag hinaus keinen Schadensersatz für ihren Pkw Golf.
Das Gericht führt aus, dass grundsätzlich derjenige, der mit seinem Pkw auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auffährt (hier also der Ehemann der Klägerin), nach allem Anschein entweder nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten hat oder mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist oder falsch reagiert hat.
In dem vorliegenden Fall jedoch stehe fest, dass der Mercedes ohne jeden verkehrsbedingten Grund und somit vollkommen grundlos abgebremst worden ist. Insoweit liege eine Abweichung vom typischen Fall vor. Der Fahrerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs wird vom Gericht vorgehalten, ohne irgendeinen Grund abgebremst zu haben.
Nach Ansicht des Gerichts führt dies zu einer Mithaftungsquote von 30 % zu Lasten der Fahrerin des Pkw Mercedes und damit der beklagten Versicherung.
Bremst der unaufmerksame Beklagte ohne zwingenden Grund und trägt er durch dieses Verhalten zu einer Kollision bei, so gefährdet er andere Verkehrsteilnehmer im Sinn von § 1 Absatz 2 STVO. Diese Gefährdung begründet eine Mithaftung - eine Mithaftungsquote von 30 % ist gerechtfertigt? (so Landgericht München I).
Das Amtsgericht folgt insoweit der Rechtsprechung des Landgerichts München I für einen Fall des grundlosen Bremsens. Da vorgerichtlich bereits 33 % von der beklagten Versicherung an die Klägerin bezahlt wurden, hat der Richter die Klage in der Hauptsache abgewiesen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 19.02.2014 - 345 C 22960/13
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 30.01.2015