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Kostenrecht -

Fehlende Urteilsbegründung: Anwältin mit erfolgreicher Verfassungsbeschwerde

Der Verfassungsgerichtshof NRW hat der Verfassungsbeschwerde einer Anwältin gegen ein Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf stattgegeben und festgestellt, dass sie in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde. Hintergrund des Falls war eine Gebührenforderung in einer Verkehrsunfallsache. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, ohne auf die Kernargumentation der Anwältin einzugehen.

Darum geht es

Die Rechtsanwältin hatte vor dem Amtsgericht Düsseldorf eine Schadensersatzklage gegen das Land Nordrhein-Westfalen erhoben.

Aus abgetretenem Recht einer Mandantin verlangte sie vom beklagten Land Ersatz für eine anwaltliche Gebührenforderung, die durch ihre außergerichtliche Tätigkeit im Rahmen einer Verkehrsunfallsache entstanden war.

Ein Polizeifahrzeug des Landes hatte den Pkw der Mandantin beschädigt, die daraufhin die Rechtsanwältin beauftragte, den Schaden gegenüber dem Land geltend zu machen. Das Amtsgericht wies die Klage ab, ohne ein Wort zu einer Kernargumentation der Rechtsanwältin zu verlieren, auf die sie sich auch im Wege einer Anhörungsrüge berufen hatte.

Danach sei das Land aufgrund einer aktuellen Entscheidung des BGH (Urt. v. 29.10.2019 - VI ZR 45/19) zum Ersatz der im Zuge der Schadensabwicklung entstandenen Anwaltskosten verpflichtet, weil der Verkehrsunfall zweier Kraftfahrzeuge jedenfalls hinsichtlich der Schadenshöhe keinen einfach gelagerten Schadensfall darstelle, in dem der Geschädigte den Schaden ohne anwaltliche Hilfe selbst geltend machen könne.

Das Amtsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Urt. v. 29.07.2020 - 233 C 196/20).

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die zulässige Verfassungsbeschwerde war begründet.

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen (VerfGH NRW) sah im Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf eine Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 4 Abs. 1 Landesverfassung NRW in Verbindung mit Art. 103 Abs. 1 GG.

Ein Verstoß gegen die daraus folgende Pflicht, Parteivorbringen zu berücksichtigen, sei festzustellen, wenn im Einzelfall besondere Umstände darauf hindeuteten, dass erhebliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist - etwa wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens in den Entscheidungsgründen nicht eingeht.

Ein Gericht habe bei Abfassung der Entscheidungsgründe zwar eine gewisse Freiheit und könne sich auf die für den Entscheidungsausgang wesentlichen Aspekte beschränken.

Es müssten jedoch die wesentlichen Ausführungen der Verfahrensbeteiligten verarbeitet werden. Das gilt nach dem VerfGH NRW nicht nur für das tatsächliche Vorbringen, sondern auch für Rechtsausführungen.

Der VerfGH NRW verwies insoweit darauf, dass das Amtsgericht Düsseldorf bei der Beurteilung der Frage, ob ein „einfach gelagerter Fall“ gegeben war, das von der Beschwerdeführerin mehrfach zitierte Urteil des BGH (Urt. v. 29.10.2019 - VI ZR 45/19) nicht herangezogen habe.

Nach der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin hätten die Grundsätze dieser Entscheidung auf die vorliegende Konstellation übertragen werden müssen. Diese Rechtsauffassung hat die Beschwerdeführerin nach Ansicht des VerfGH NRW zum Kern ihres Vorbringens gemacht, mit dem sich das Amtsgericht hätte auseinandersetzen müssen.

Der sich aus diesen Umständen ergebende Gehörsverstoß sei im Anhörungsrügeverfahren auch nicht geheilt worden. Die angegriffene Entscheidung beruhe auch auf diesem nicht geheilten Gehörsverstoß.

Nach Aufhebung des Urteils muss das Amtsgericht nun erneut über den Rechtsstreit entscheiden.

VerfGH NRW, Beschl. v. 14.09.2021 - 137/20.VB-2

Quelle: VerfGH NRW, Pressemitteilung v. 23.09.2021

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