Das Verwaltungsgericht Berlin hat einer Schülerin mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Möglichkeit zugesprochen, die Abschlussstufe wegen des pandemiebedingten Unterrichtsausfalls im Schuljahr 2020/2021 vorläufig weiter zu besuchen. Das Gericht attestierte eine Benachteiligung entgegen dem verfassungsrechtlichen Verbot der Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung.
Darum geht es
Die Antragstellerin, die wegen Trisomie 21 sonderpädagogisch gefördert wurde, absolvierte 2020/2021 das Abschlussjahr ihres sonderpädagogischen Bildungsgangs. Dieser ist als zweijährige integrierte Berufsausbildungsvorbereitung ausgestaltet. Aufgrund der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus war der Unterricht und der Kontakt zu Werkstätten in diesem Bildungsgang stark eingeschränkt. Die vom Berliner Gesetzgeber aufgrund der Pandemie eingeführten schulrechtlichen Sonderregelungen sehen unter anderem die Möglichkeit der freiwilligen Wiederholung von Jahrgangsstufen für Schülerinnen und Schüler verschiedener Schulstufen vor. Einen entsprechenden Antrag der Antragstellerin lehnte die Schulbehörde mit der Begründung ab, die sonderpädagogische Beschulung im Bereich „Geistige Entwicklung“ sei nicht in Jahrgangsstufen organisiert.Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht Berlin hat dem Eilantrag stattgegeben. Die Antragstellerin kann vorläufig beanspruchen, das Abschlussjahr zu wiederholen und auch 2021/2022 weiter an dem bisher besuchten Bildungsgang teilzunehmen. Die gegenwärtige Gesetzeslage, wonach sonderpädagogisch Förderberechtigte im Bereich „Geistige Entwicklung“ im Gegensatz zu anderen Schülerinnen und Schülern keinerlei Ausgleich für pandemiebedingte Nachteile bei der Ausbildung im Jahr 2020/2021 erhalten, benachteilige die Betroffene entgegen dem verfassungsrechtlichen Verbot der Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung. Diese Schlechterstellung lasse sich nicht mit organisatorischen Erwägungen rechtfertigen. Entscheidend sei allein, ob die Lernziele der sonderpädagogischen Berufsausbildungsvorbereitung pandemiebedingt verfehlt zu werden drohten. Hiervon sei auch Falle der Antragstellerin auszugehen.Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.Verwaltungsgericht Berlin, Beschl. v. 13.08.2021 - VG 3 L 207/21Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, Pressemitteilung v. 16.08.2021