Bei der Entscheidung über die Vormundschaft für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge gibt es keinen generellen Vorrang für Rechtsanwälte als Berufsvormund gegenüber dem Jugendamt als Amtsvormund. Für die Auswahlentscheidung des Gerichts müssen juristische Kompetenz ebenso wie zeitliche und personelle Ressourcen des möglichen Vormunds abgewogen werden. Das hat das OLG Celle entschieden.
Darum geht es
Das OLG Celle hat über die Vormundschaft für einen 16 Jahre alten Jungen aus Afghanistan entschieden. Der Junge ist als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Seine Eltern sind noch auf der Flucht. Das Amtsgericht hatte einen Amtsvormund bestellt. Der Vormund wollte mit seiner Beschwerde die Aufhebung dieses Beschlusses und die Einsetzung eines Rechtsanwalts als Berufsvormund erreichen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG Celle hat mit seinem Beschluss zwar die Einsetzung des Vormunds aufgehoben, weil die Entscheidung des Amtsgerichts die Beweggründe für die getroffene Auswahl nicht habe erkennen lassen. Die beantragte Einsetzung eines Rechtsanwalts als Vormund hat der Senat aber abgelehnt und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht verwiesen.
Dabei hat er darauf hingewiesen, dass vorrangig zu prüfen sei, ob ein ehrenamtlicher Vormund für die Betreuung des Kindes gefunden werden kann. Ist dies nicht möglich, bestehe kein genereller Vorrang eines Berufsvormunds, also beispielsweise eines Rechtsanwalts, vor einem Amtsvormund einer Gemeinde oder eines Kreises. Bei der Bestellung eines Vormundes sei das Wohl des Kindes entscheidend.
Für die Auswahlentscheidung des Gerichts müssten deshalb u.a. folgende Kriterien abgewogen werden: Fremdsprachenkenntnisse oder besondere Fachkenntnisse des Vormunds, die für das Kind von Interesse sind (z.B. Kenntnisse im Ausländer- und Asylrecht oder Erfahrungen mit traumatisierten Kindern), sowie Kenntnisse über Integrationsmöglichkeiten des Kindes.
Bei Rechtsanwälten müsse sichergestellt sein, dass der ausgewählte Vormund im Einzelfall das notwendige zeitliche und persönliche Engagement für das Kind aufbringen kann. Eine Behörde dürfe demgegenüber bei personellen Engpässen nichts unversucht lassen, diese zu beheben.
OLG Celle, Beschl. v. 14.01.2016 - 12 UF 2/16
Quelle: OLG Celle, Pressemitteilung v. 01.02.2016