Sind beide Eltern sorgeberechtigt, müssen auch beide zustimmen, wenn Kinderfotos im Internet veröffentlicht werden sollen. Das OLG Oldenburg hat für eine Veröffentlichung auf einer kommerziellen Internetseite entschieden, dass es sich dabei um eine „Angelegenheit von erheblicher Bedeutung“ handelt. Einem dagegen gerichteten Gerichtsverfahren müssen aber ebenfalls beide Eltern zustimmen.
Sachverhalt
Antragsteller und Mutter des betroffenen Kindes sind geschiedene Eheleute mit gemeinsamer elterlicher Sorge. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind liegt bei der Mutter. Die Mutter ist nunmehr mit dem Antragsgegner verheiratet und lebt mit der Tochter auf dessen Bauernhof. Der Antragsgegner bewirbt seinen Bauernhof mit einer eigenen Seite im Internet, auf der er auch Fotos des Kindes präsentiert.
Der Antragsteller rügt, die Mutter habe diese Veröffentlichungen ohne sein Einverständnis erlaubt. Im Namen seiner Tochter begehrt er Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage, die Verbreitung von Bildern und persönliche Infos des Kindes auf der Seite des AG zu untersagen, diesem darüber hinaus aufzugeben, alles Betreffende aus Internet-Suchmaschinen zu entfernen, weitere Veröffentlichungen zu untersagen und Schadensersatz zu zahlen.
Sein Prozesskostenhilfeantrag wurde abgelehnt, da er ohne familiengerichtliche Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf ihn nicht befugt sei, gegen die Veröffentlichung vorzugehen. Hiergegen wendet er sich mit sofortiger Beschwerde. Rechtsmittel ist nicht begründet.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden (§ 22 KunstUrhG). Hierunter fällt auch das Einstellen von Fotos auf Internetseiten. Werden Minderjährige abgebildet, muss die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter eingeholt werden, i.d.R. gem. § 1629 BGB die der sorgeberechtigten Eltern.
In diesem Fall haben die Eltern des betroffenen Kindes das gemeinsame Sorgerecht. Die Entscheidung über die Veröffentlichung von Fotos des Kindes auf der streitbefangenen Internetseite und demzufolge auch bei einer Entscheidung über ein gerichtliches Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung stellt eine Angelegenheit dar, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist.
Auch die Entscheidung, im Namen der Tochter gegen eine unberechtigte Veröffentlichung vorzugehen, ist gem. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB von den Eltern gemeinsam zu treffen. Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB sind im Regelfall solche, die nicht häufig vorkommen und auch deshalb i.d.R. erhebliche Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung haben oder haben können und in ihren Folgen nur mit einigem Aufwand zu beseitigen sind. Zu beachten ist ferner die soziale Bedeutung des Entscheidungsgegenstandes.
Zunächst ist der besonderen Bedeutung des in § 22 KunstUrhG einfachgesetzlich normierten Rechts am eigenen Bild als Ausprägung des auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beruhenden allgemeinen Persönlichkeitsrechts Rechnung zu tragen. Weil der Personenkreis, dem die Fotos zugänglich gemacht werden, theoretisch unbegrenzt ist, ist dieses Recht gerade bei Veröffentlichung von Fotos im Internet besonders gefährdet.
Weder eine zuverlässige Löschung von Fotos noch eine Kontrolle einer etwaigen Weiterverbreitung und Weiterverarbeitung sind möglich. Die streitbefangenen Fotos wurden und werden aufgrund ihres eindeutig werbenden Charakters schwerpunktmäßig mit kommerzieller Zielrichtung auf der Webseite des vom Antragsgegner betriebenen Bauernhofes veröffentlicht.
Insbesondere aufgrund dessen erscheint das sechsjährige Mädchen besonders schutzbedürftig, sodass für diese eine Entscheidung für oder gegen die Veröffentlichung von Bildern auf der streitbefangenen Internetseite i.S.v. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB von erheblicher Bedeutung ist.
Die Entscheidung über die Veröffentlichung von Kinderbildern kann mithin nur im gegenseitigen Einvernehmen der Eltern erfolgen. Im Umkehrschluss folgt daraus jedoch zwingend, dass der Antragsteller nicht allein befugt ist, den Antragsgegner wegen unzulässigen Hochladens der Fotos gerichtlich in Anspruch zu nehmen.
Bislang obliegt den Eltern des Kindes die elterliche Sorge gemeinsam; der Antragsteller hat nicht nachgewiesen, dass eine familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung über ein derartiges Vorgehen auf ihn nach § 1628 BGB erfolgt ist. Aus diesem Grund war die beabsichtigte Rechtsverfolgung mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückzuweisen.
Folgerungen aus der Entscheidung
Das Gericht hat im Rahmen seiner Entscheidung bestätigt, dass es sich bei der Veröffentlichung von Bildern eines minderjährigen Kindes auf einer Internetseite zu Werbezwecken um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung gem. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. Entscheidungen für und gegen die Veröffentlichung müssen bei gemeinsamem Sorgerecht ebenso wie Entscheidungen über ein Vorgehen gegen eine Veröffentlichung einvernehmlich getroffen werden.
Um alleine agieren zu können, hätte im vorliegenden Falle eine Übertragung der Entscheidungsbefugnis vom Familiengericht angeordnet werden müssen. Da weder eine Abstimmung mit der ebenfalls sorgeberechtigten Mutter noch eine Übertragung dieser Entscheidungsbefugnis auf ihn allein vorlag, war sein Vorgehen nicht rechtmäßig, wonach die die Erfolgsaussichten entsprechend negativ bewertet werden, was wiederum zwangsläufig zur Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags führen muss.
Praxishinweis
Im Fall der Veröffentlichung von Bildern minderjähriger Kinder müssen sich die Sorgeberechtigten miteinander abstimmen. Auch wenn die Mutter des Kindes den Vater trotz gemeinsamer Sorge in ihre Entscheidung zugunsten einer Veröffentlichung nicht einbezogen hat, rechtfertigt dies nicht eine ebenfalls im Alleingang getroffene Gegenwehr des Vaters. Denn er ist hierdurch nicht automatisch berechtigt, im Namen des Kindes allein gerichtliche Schritte gegen diese Bildpräsentationen voranzutreiben.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 24.05.2018 – 13 W 10/18
Quelle: Ass. jur. Nicole Seier