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Familienrecht -

Umgangsrecht der Großeltern und Rechtsbeschwerde

Ein Umgangsrecht der Großeltern mit ihrem Enkelkind dient regelmäßig nicht dem Kindeswohl, wenn Eltern und Großeltern so zerstritten sind, dass das Kind dadurch in einen Loyalitätskonflikt gerät. In diesem Fall kann eine Rechtsbeschwerde ohne erneute Anhörung der Beteiligten zurückgewiesen werden, wenn keine neuen Erkenntnisse erwartet werden. Das hat der BGH entschieden.

Sachverhalt

Die Großeltern begehren Umgang mit den minderjährigen Enkeln, die bei ihren Eltern, den Antragsgegnern, aufwachsen. Der zunächst regelmäßige Kontakt brach 2009 ab und wurde 2011 auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen Eltern und Großeltern wiederaufgenommen. Darin wird ihnen gegen Gewährung eines zinslosen Darlehens Umgangsrecht gewährt. 2014 erfolgte erneut die Ablehnung des Umgangs durch die Eltern, da die Großeltern beim Jugendamt schriftlich Vorwürfe gegen Erziehung der Kinder durch die leiblichen Eltern erhoben hatten.

Der Antrag auf Einräumung von Umgangsrecht der Großeltern wurde nach Bestellung von Verfahrensbeistand, Einholung eines Gutachtens und Anhörung der Beteiligten zurückgewiesen. Die Beschwerde wies das OLG ohne erneute Anhörung zurück. Dagegen wendeten sich die Großeltern mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, die als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Im Wesentlichen beziehen sich die Aussagen der Entscheidung auf folgende Punkte:

  • Umgangsrecht mit Großeltern mit Einschätzung der Kindeswohldienlichkeit,
  • Erforderlichkeit einer erneuten Anhörung sowie
  • die Möglichkeit der Zurückweisung des Antrags auf Umgang.

Das Umgangsrecht der in § 1685 BGB aufgeführten Personen findet seine Grenze, wenn Kinder aufgrund eines Zerwürfnisses zwischen Eltern und Großeltern durch den Umgang einem erheblichen Loyalitätskonflikt ausgesetzt sind und dieser sie eher belastet. Die Kritik der Großeltern an der elterlichen Erziehung hat sich zwar nicht bestätigt, aber aus psychologischer Sicht schwelt die Unstimmigkeit der Genrationen weiter fort und führt zur Unvereinbarkeit mit dem Kindeswohl. Das Unterbleiben eines erneuten Erörterungstermins durch das OLG ist nicht zu beanstanden.

In Kindschaftssachen erörtert das Gericht (§ 155 Abs. 2 S. 1 FamFG) die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Von der Durchführung einzelner Verfahrenshandlungen im Beschwerdeverfahren kann abgesehen werden, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und eine erneute Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse erwarten lässt (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG), die für diese Entscheidung auch erkennbar erheblich sind.

Die Durchführung eines erneuten Erörterungstermins liegt somit im gerichtlichen Ermessen. Nur wenn eine neue nach der amtsgerichtlichen Entscheidung datierende Tatsachengrundlage herangezogen wird, ist eine erneute Anhörung des Betroffenen geboten.

Nach der ersten Anhörung sind bedeutende Änderungen weder ersichtlich noch erfolgte eine Darlegung im Rahmen der Rechtsbeschwerde. Die streitbefangene Situation der Eltern und Großeltern hat sich nicht verändert, sodass aus einer erneuten Anhörung keine anderen Rückschlüsse als zuvor hätten gezogen werden können.

Darüber hinaus ist Umgang mit anderen Personen mit persönlicher Bindung zum Wohl des Kindes zu bejahen, wenn deren Aufrechterhaltung für seine Entwicklung förderlich ist. Das ist nicht der Fall, wenn das Kind bedingt durch den Streit zwischen Eltern und Großeltern beim Umgang in einen Loyalitätskonflikt geraten würde. Eine tragfähige Bindung von Kindern und Großeltern alleine unterstellt nicht zwingend eine positive Vermutung der Kindeswohldienlichkeit, vielmehr muss gerade die Aufrechterhaltung dieser Bindung für die Entwicklung der Kinder weiterhin als förderlich bewertet werden.

Das ist hier nicht der Fall: Weder respektieren die Großeltern den Erziehungsvorrang der Eltern noch bescheinigen sie den Eltern die entsprechende Kompetenz. Sie bezichtigen diese sogar der seelischen Misshandlung der Kinder. Im Falle der Umgangsanordnung wäre ein extremer Loyalitätskonflikt der Kinder unausweichlich. Insbesondere die Verknüpfung mit der Darlehensgewährung spiegelt deren desolates Verhältnis wider.

Zu Recht hat das OLG die schlichte Zurückweisung des Umgangsrechtsantrags durch das Amtsgericht gebilligt. Streitig ist, ob das Umgangsrecht der Großeltern konkret auszuschließen ist oder ob die bloße Zurückweisung des Antrags ausreicht. Zwischen dem Umgangsrecht der Eltern und der Großeltern bestehen gewichtige Unterschiede, die eine unterschiedliche Tenorierung rechtfertigen.

Im Gegensatz zum Elternrecht folgt das Umgangsrecht der Großeltern nicht aus einer eigenen Grundrechtsposition, sondern wurde durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz eingeführt. Kann die Kindeswohldienlichkeit des Umgangs nicht positiv festgestellt werden, ist der entsprechende Antrag – ohne ausdrücklichen Umgangsausschluss - zurückzuweisen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die Entscheidung betont drei wesentliche Punkte bezüglich eines Umgangsantrags von Großeltern: Der Umgang von Großeltern mit den Enkelkindern ist grundsätzlich abhängig vom Kindeswohl. Führt dieser Umgang unausweichlich und vorhersehbar zu Loyalitätskonflikten der Kinder mit den Eltern, tritt dieser Umgangsanspruch zwingend hinter dem Erziehungsrecht der Eltern zurück.

Wurden die Beteiligten im Rahmen der ursprünglichen Entscheidung angehört und kann im Laufe des Rechtsmittelverfahrens keine Änderung der Sachlage nachgewiesen werden, muss das Gericht keine erneute Anhörung vornehmen. Wird der Umgang des Kindes mit den Großeltern also nicht zu seinem Wohle positiv festgestellt, ist der Antrag auf Umgang zurückzuweisen.

Praxishinweis

Auch wenn diese Entscheidung aus Sicht der Großeltern sicherlich „eine bittere Pille“ darstellt, sollte für alle Beteiligten gemeinsam das Wohl der Kinder im Vordergrund stehen. Besteht zwischen den Generationen von Eltern und Großeltern Streit, sind Kinder i.d.R. diejenigen, die mit diesem Streit behelligt werden. Es ist wäre machbar, dass sich die Erwachsenen – um einen problemlosen Umgang zu gewährleisten – darauf einigen, diese Streitpunkte nicht in die Umgangsdiskussion einzubringen. Ein völlig unbehelligter Umgang mit den Großeltern – also völlig losgelöst von den gegenseitigen Bedingungen und Vorwürfen – wäre dem Kindeswohl dienlich. Aber die Vorstellung eines „neutralen“ und „unbehelligten“ Umgangs ist eher unrealistisch. Daher ist die Entscheidung des Gerichts zum Wohle der Kinder zu befürworten.

BGH, Beschl. v. 12.07.2017 - XII ZB 350/16

Quelle: Ass. jur. Nicole Seier