Der BGH hat entschieden, dass eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, mit deren konserviertem Spendersamen ein Kind gezeugt wurde, rechtlich nur die Vater- und nicht die Mutterstellung erlangen kann. Das Transsexuellengesetz (TSG) gilt insoweit auch für solche leiblichen Kinder eines Transsexuellen, die erst nach der Entscheidung über die Änderung Geschlechtszugehörigkeit geboren worden sind.
Darum geht es
Die Beteiligte zu 1 ist transsexuell. Der Beschluss über die Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ist seit August 2012 rechtskräftig. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben im September 2015 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet. Zuvor hatte die Beteiligte zu 2 im Juni 2015 das betroffene Kind geboren. Dieses war nach dem Vortrag der Beteiligten mit dem konservierten Samen der Beteiligten zu 1 gezeugt worden. In einer notariellen Urkunde hatte diese noch vor der Geburt mit Zustimmung der Beteiligten zu 2 anerkannt, Mutter des Kindes zu sein.
Das Standesamt hat die Geburt des Kindes im Geburtenregister mit dem Inhalt beurkundet, dass die Beteiligte zu 2 dessen Mutter ist. Die Eintragung der Beteiligten zu 1, die ebenfalls als Mutter eingetragen werden will, hat es abgelehnt. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, das Standesamt anzuweisen, auch die Beteiligte zu 1 als Mutter einzutragen, zurückgewiesen. Das Kammergericht hat die dagegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihr Begehren weiter, dass auch die Beteiligte zu 2 als Mutter eingetragen wird.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der BGH hat die Entscheidung des Kammergerichts bestätigt.
Zwar richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten ab Rechtskraft der Entscheidung, dass ein Transsexueller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, gemäß § 10 Abs. 1 TSG nach dem neuen Geschlecht, wenn durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Nach § 11 Satz 1 TSG lässt eine solche Entscheidung das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern allerdings unberührt.
Der BGH hat entschieden, dass die Vorschrift des § 11 Satz 1 TSG auch für solche leiblichen Kinder eines Transsexuellen gilt, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechtszugehörigkeit geboren worden sind. Durch die Regelung wird gewährleistet, dass der biologisch durch Geburt oder Zeugung festgelegte rechtliche Status als Mutter oder Vater des Kindes gesichert und einer Veränderung nicht zugänglich ist.
Rechtliche Mutter des Kindes ist abstammungsrechtlich dementsprechend nur die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB). Als dem Fortpflanzungsbeitrag der Mann-zu-Frau-Transsexuellen durch Samenspende entsprechende Form der Elternschaftsbeteiligung ist mithin nur die Begründung der Vaterschaft möglich (§ 1592 BGB). Die von ihr stattdessen ausdrücklich erklärte Mutterschaftsanerkennung konnte daher keine Wirksamkeit erlangen.
Es verstößt nicht gegen Grundrechte der transsexuellen Person, dass ihr das geltende Abstammungsrecht - ungeachtet des Umstands, dass sie nunmehr als dem anderen Geschlecht zugehörig gilt - den sich aus dem früheren Geschlecht und dem diesem entsprechenden spezifischen Fortpflanzungsbeitrag ergebenden rechtlichen Elternstatus zuweist. Das Transsexuellengesetz stellt daher sicher, dass den betroffenen Kindern trotz der rechtlichen Geschlechtsänderung eines Elternteils rechtlich immer ein Vater und eine Mutter zugewiesen werden, und steht im Einklang mit dem Grundgesetz.
BGH, Beschl. v. 29.11.2017 - XII ZB 459/16
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 04.01.2018