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Elternunterhalt: Altersvorsorge und Tilgung bei Eigenheim

Tilgungsleistungen sind neben den Zinsen für ein Eigenheim bis zur Höhe des Wohnvorteils vom Einkommen des Elternunterhaltspflichtigen abzuziehen. Nur die den Wohnwert nach Abzug der Zinsen übersteigenden Tilgungsleistungen müssen bei einer zusätzlichen Altersvorsorge als Vermögensbildung angerechnet werden. Das hat der BGH entschieden. Dabei kann gerade der anwaltliche Sachvortrag wichtig sein.

Sachverhalt

Die Beteiligten – der Träger der Sozialhilfe und ein unterhaltspflichtiges Kind – streiten um die Anrechnung von Altersvorsorgeaufwendungen beim Elternunterhalt. Für die von dem Unterhaltspflichtigen und seiner Ehefrau bewohnten Wohnung fallen monatlich 1.000,17 € an Zins und Tilgung an. Den Wohnvorteil hat das OLG mit der ersparten Miete in Höhe von 700 € angerechnet. Zusätzlich wurde als unterhaltsrechtlich relevanter Abzug ein Betrag von 242,20 € monatlich für dessen private Altersvorsorge (5 % seines Bruttoeinkommens von 4.844,02 €) berücksichtigt.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Der BGH hat noch einmal bekräftigt, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB dort ihre Grenze findet, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren

Dem Unterhaltspflichtigen sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. Die Höhe der als abzugsfähig anzuerkennenden Kosten zu bestimmen, ist dabei in erster Linie dem Tatrichter vorbehalten.

Der BGH stellt klar, dass nur die den Wohnwert nach Abzug der Zinsen übersteigenden Tilgungsleistungen auf diese Altersvorsorgequote anzurechnen sind.

Da die Darlehensaufnahme zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie dem Wohnbedürfnis der Familie des Unterhaltspflichtigen und damit einem unterhaltsrechtlich grundsätzlich anzuerkennenden Zweck dient, mindern diese Verbindlichkeiten sowie die hieraus resultierenden Annuitäten –sofern sie sich in einer im Verhältnis zu den vorhandenen Einkünften angemessenen Höhe halten – das für den Elternunterhalt einzusetzende Einkommen.

Würde unter solchen Umständen die Abzugsfähigkeit von Tilgungsleistungen verneint, könnte sich der Unterhaltsverpflichtete gezwungen sehen, das Familienheim anderweitig zu verwerten, weil er nicht gleichzeitig Elternunterhalt und Tilgungsleistungen aufbringen kann. Eine Verwertungsobliegenheit trifft ihn jedoch nicht (vgl. BGHZ 154, 247; FamRZ 2003, 1179, 1181 f.).

Eine Vermögensbildung „zu Lasten“ des Unterhaltsberechtigten liegt nicht vor, wenn den Tilgungsanteilen noch ein einkommenserhöhender Wohnvorteil beim Unterhaltspflichtigen gegenübersteht. Denn ohne die Zins- und Tilgungsleistung gäbe es den Wohnvorteil in Form einer ersparten Miete nicht.

Daraus folgt, dass die über den Zinsanteil hinausgehende Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwerts anzurechnen sind, ohne dass dies die Befugnis des Pflichtigen zur Bildung eines zusätzlichen Altersvorsorgevermögens schmälert. Der den Wohnvorteil dann noch übersteigende Tilgungsanteil ist jedoch als Vermögensbildung im Rahmen der sekundären Altersvorsorge zu berücksichtigen.

Wenn der Unterhaltspflichtige in diesen Fällen durch Darlehenstilgung erst sukzessive unbelastetes Eigentum bildet, strebt er an, nach Tilgung des Darlehens mietfrei wohnen zu können und damit letztlich auch im Alter (teilweise) versorgt zu sein.

Deshalb gelten für die nebst Zinsen den Mietwert übersteigenden Tilgungsleistungen dieselben Maßstäbe für eine zusätzliche Altersvorsorge wie bei anderen Anlageformen auch. Andernfalls würden all diejenigen Unterhaltspflichtigen benachteiligt, die ihre Altersvorsorge allein auf andere Anlageformen stützen. Sie können im Alter neben der Rente bzw. Pension allein von dem aus der Altersvorsorgequote gebildeten Vermögen profitieren, nicht aber zusätzlich von einem mietfreien Wohnen.

Dagegen sind die den Wohnwert und eine zusätzliche Altersvorsorgequote von 5 % des Bruttoeinkommens übersteigende Tilgungsleistungen grundsätzlich nicht absetzbar.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die neue Entscheidung ermöglicht in den Fällen, in denen Tilgungsleistungen erbracht werden, die den angemessenen Wohnvorteil übersteigen, eine höhere Berücksichtigung der überschießenden Tilgungsleistungen als unterhaltsrechtlich anzurechnende zusätzliche Altersvorsorgeaufwendungen bis zur Grenze von 5 % des Bruttoeinkommens.

Ob hinsichtlich dieser Obergrenze etwas anderes gilt, wenn dadurch die Immobilienfinanzierung gefährdet wäre oder sich der Unterhaltspflichtige aus einem vor Bekanntwerden seiner Unterhaltspflicht zusätzlich abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag nicht lösen bzw. diesen nicht beitragsfrei stellen kann (vgl. dazu BGHZ 154, 247; FamRZ 2003, 1179, 1181 f.), hat der BGH nicht entscheiden müssen.

Praxishinweis

Um abzugsfähige Kosten geltend zu machen, ist ein anwaltlicher ausführlicher Sachvortrag hilfreich. Der BGH hat z. B. akzeptiert, dass vom Unterhaltspflichtigen nicht verlangt werden kann, seine Gewohnheiten zu ändern und die kürzeste – aber nicht schnellste – Fahrtstrecke zur Arbeitsstelle zu benutzen, um eine nur relativ geringfügige Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit zu bewirken. Auch die Prämienzahlungen für eine Risiko-Lebensversicherung, die weder der Vermögensbildung noch der Altersvorsorge dient, sondern eine Hausfinanzierung bzw. den Ausfall der Arbeitskraft absichern soll, können nach den Umständen des Einzelfalls auch dann berücksichtigt werden, wenn sie wegen der Höhe der Prämien eine besondere Belastung darstellen.

BGH, Beschl. v. 18.01.2017 - XII ZB 118/16

Quelle: Richter am Amtsgericht a.D. Dr. Wolfram Viefhues