Das Erbrecht des Staates scheidet aus, wenn es Abkömmlinge der Großeltern des Erblassers gibt. Das gilt auch für den Fall, dass es nur in der mütterlichen oder väterlichen Linie solche Abkömmlinge gibt. Für ein (anteiliges) Erbrecht des Staates ist dann kein Raum mehr, eine Fiskuserbschaft neben Erben dritter Ordnung kommt nicht in Betracht. Das hat das OLG Braunschweig entschieden.
Darum geht es
Verstirbt ein Mensch und greift die gesetzliche Erbfolge, erben grundsätzlich seine Verwandten, sein Ehegatte oder der Lebenspartner. Dabei differenziert das Gesetz im Einzelnen, welche Erben zu welchen Anteilen vorrangig zu berücksichtigen sind.
Nur für den Fall, dass kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner vorhanden ist, erbt das Land. Die Ermittlung möglicher Erben erfolgt durch das Nachlassgericht in einem förmlichen Verfahren. Sofern keine Erben existieren, stellt das Gericht dies durch einen Beschluss fest, wodurch die Vermutung begründet wird, der Fiskus sei Erbe.
Ein solcher Feststellungsbeschluss eines Nachlassgerichts lag dem OLG Braunschweig in einem Beschwerdeverfahren zur Überprüfung vor.
Der dortige Erblasser war unverheiratet und hat keine Abkömmlinge. Seine Eltern waren vor ihm gestorben und hatten neben ihm keine weiteren Kinder. Mangels einer letztwilligen Verfügung gilt die gesetzliche Erbfolge.
Den Abkömmlingen seiner Großeltern mütterlicherseits hat das Amtsgericht bereits antragsgemäß einen gemeinschaftlichen Teilerbschein ausgestellt, wonach sie den Erblasser zur Hälfte beerben.
Mit notarieller Urkunde beantragten diese zu einem späteren Zeitpunkt die Erteilung eines gemeinschaftlichen Rest-Teilerbscheins, da Abkömmlinge der Großeltern väterlicherseits nicht ermittelt worden seien.
Das Nachlassgericht führte weitere Ermittlungen durch, aber auch diese erbrachten keine Hinweise auf weitere Erbberechtigte.
Daraufhin stellte das Nachlassgericht mit Beschluss fest, dass kein anderer Erbe hinsichtlich des verbleibenden ½-Anteils des Nachlasses als das Land Niedersachsen vorhanden sei.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das OLG Braunschweig hat die Entscheidung auf die Beschwerde des Landes Niedersachsen mit Beschluss vom 17.12.2021 aufgehoben und an das Nachlassgericht zur Entscheidung über den beantragten Erbscheinantrag zurückverwiesen.
Das OLG Braunschweig hat zunächst festgestellt, dass für die Feststellung des Fiskuserbrechts gemäß § 1964 BGB beim Nachlassgericht funktionell grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig ist.
Das Nachlassgericht hätte das Erbrecht des Landes aber nicht feststellen dürfen. Eine Fiskuserbschaft komme bei der gegebenen Sachlage in keinem Fall in Betracht.
Sofern es dabei bliebe, dass lediglich Abkömmlinge der vorverstorbenen Großeltern mütterlicherseits existierten, würden diese nämlich allein erben.
Bei Wegfall der ganzen Linie eines Großelternpaares trete die Linie des anderen Großelternpaares an deren Stelle, § 1926 Abs. 4 BGB. Sofern es aufgrund neuerer Erkenntnisse Abkömmlinge der Großeltern väterlicherseits gebe, erbten diese für deren Linie.
Für eine Fiskuserbschaft bestehe danach kein Raum. Der Staat sei lediglich „Noterbe“. Das Nachlassgericht habe noch über den ausstehenden Erbscheinsantrag zu entscheiden und dazu weitere Ermittlungen zu tätigen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 17.12.2021 - 3 W 48/21
Quelle: OLG Braunschweig, Pressemitteilung v. 10.01.2022