Das OLG Braunschweig hat den Anspruch der Erbin eines früheren Karosseriekonstrukteurs auf „Fairnessausgleich“ nach dem Urheberrechtsgesetz abgelehnt. Der Vater der Klägerin war einst an der Entwicklung des „Ur-Käfers“ beteiligt. Die Klägerin hatte deshalb gegen die Volkswagen AG eine angemessene Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Nachfolgemodells geltend gemacht.
Darum geht es
Die Klägerin ist die Tochter eines im Jahr 1966 verstorbenen früheren Konstrukteurs, der als Angestellter in den Jahren 1934 bis 1938 an der Entwicklung des als Ur-Käfer bezeichneten Fahrzeugs beteiligt war.
Sie geht davon aus, dass die äußere Gestaltung des Ur-Käfers auf ihn zurückzuführen sei und sich sein Werk auch heute noch in dem Modell VW-Beetle/Käfer fortsetze.
Aufgrund des Missverhältnisses zwischen dem damaligen Lohn ihres Vaters und dem wirtschaftlichen Erfolg des Fahrzeugs stehe ihr eine weitere Vergütung, ein sogenannter Fairnessausgleich, nach § 32a Urheberrechtsgesetz (UrhG) zu.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Berufung war vor dem OLG Braunschweig erfolglos.
Nach Auffassung des Senats habe die Klägerin zum einen nicht nachgewiesen, dass ihr Vater tatsächlich Urheber der äußeren Gestaltung des Ur-Käfers sei.
Dieser Bewertung stünden auch nicht die öffentlichen Äußerungen von Ferdinand Porsche, ihr Vater sei an der Entwicklung der VW-Karosserie beteiligt gewesen, und von Ferdinand Piëch, ihr Vater habe „für den Käfer (…) die Karosserie konstruiert“ entgegen.
Diese Aussagen ließen keine Rückschlüsse darauf zu, welchen konkreten Beitrag ihr Vater geleistet habe. Die von der Klägerin als Nachweis seiner Urheberschaft eingereichten Zeichnungen zeigten entweder nicht den Ur-Käfer, wie er später hergestellt und produziert worden sei, oder sie hätten nicht eindeutig ihrem Vater zugeordnet werden können.
Zum anderen scheitere der Fairnessausgleich auch daran, dass kein schutzfähiges Werk vorliege. Bei einem Auto, also einem Gebrauchsgegenstand, unterlägen nur solche Merkmale dem urheberrechtlichen Schutz, die nicht allein technisch, sondern auch künstlerisch gestaltet seien.
Maßgebend sei nach der Rechtsprechung des BGH, ob der ästhetische Gehalt als solcher ausreiche, um von einer künstlerischen Leistung zu sprechen.
Weder die äußere Gestaltung des Fahrzeugs, wie es sich auf den von der Klägerin eingereichten Skizzen zeige, die ihrer Ansicht nach von ihrem Vater stammten, noch die äußere Gestaltung des Ur-Käfers, stellten eine nach Urheberrecht schutzfähige Schöpfung dar.
So seien die seitens der Klägerin hervorgehobenen Gestaltungselemente, wie beispielsweise das Trittbrett, das „Käfer-Lächeln“ und der aufgesetzte Kotflügel, bereits damals bekannt und bei anderen Fahrzeugen zu finden gewesen.
Selbst für den Fall, dass von einer schutzfähigen Gestaltung des auf den Skizzen abgebildeten Fahrzeugs oder des Ur-Käfers auszugehen sei, stellte sich deren Verwendung in dem Nachfolgemodell VW-Beetle/Käfer als eine freie zulässige Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG a.F. dar.
Trotz der Übereinstimmung einzelner Gestaltungselemente spiegele sich der Gesamteindruck der früheren Fahrzeuge nicht in dem neuen Modell wieder.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hat die Möglichkeit, dagegen die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH zu erheben.
OLG Braunschweig, Urt. v. 10.03.2022 - 2 U 47/19
Quelle: OLG Braunschweig, Pressemitteilung v. 10.03.2022