Das OLG Köln hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob für die Beantragung des Europäischen Nachlasszeugnisses zwingend ein Formblatt benutzt werden muss, das in der entsprechenden Durchführungsverordnung vorgesehen ist. Das Europäische Nachlasszeugnis weist den Status von Erben und Testamentsvollstreckern im EU-Ausland nach und hilft dabei, dort Rechte und Befugnisse auszuüben.
Sachverhalt
Die verwitwete und kinderlose Erblasserin mit deutscher Staatsangehörigkeit ist Mitte 2017 mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in einer deutschen Stadt gestorben. Die Erblasserin hatte Vermögen in Deutschland, Italien und der Schweiz.
Testamentarisch hat sie die Congregazione T in Italien zur Alleinerbin eingesetzt. Zudem hat sie die Testamentsvollstreckung angeordnet und den Antragsteller als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Dieser hat beim Nachlassgericht Köln im Hinblick auf das in Italien befindliche Nachlassvermögen in notarieller Form die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses nach der Erblasserin beantragt. Es soll deutsches Recht zur Anwendung kommen.
Der Antrag wurde wörtlich wie folgt formuliert:
„ II. Grundlage für den Anspruch, Rechtsfolge
1. In dem vorgenannten Testament vom 17. Dezember 2014 hat die Erblasserin die Congregazione T, Via di Sant`B 3, S2, Italien, vertreten durch Herrn Generalabt N2 zu ihrem unbeschränkten Alleinerben bestimmt.
Da die Erblasserin im Todeszeitpunkt ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in L hatte, ist die vorgenannte Congregazione T daher Alleinerbin nach der Erblasserin in Anwendung des deutschen Rechts geworden.
Die vorbezeichnete Erbin hat die Erbschaft angenommen.
Ein Gericht oder eine sonstige Behörde war und ist nicht mit der Erbsache als solcher befasst.
2. Ferner hat die Erblasserin in ihrem vorgenannten Testament vom 17. Dezember 2014 mich, den erschienenen Antragsteller, zum Testamentsvollstrecker ernannt. Ich nehme das Amt vorsorglich nochmals an.
In ihrem Testament vom 17. Dezember 2014 hat die Erblasserin zudem angeordnet, dass ich als Testamentsvollstrecker die letztwilligen Verfügungen der Erblasserin zur Ausführung zu bringen, insbesondere die Vermächtnisse (Abschnitt III des vorgenannten Testaments) und die Auflage (Abschnitt IV des vorgenannten Testaments) zu erfüllen, und bis dahin den Nachlass zu verwalten habe.
Als Testamentsvollstrecker bin ich in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass nicht beschränkt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.“
Das gem. Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zur EuErbVO vorgesehene Formblatt IV (Anhang 4) hat der Antragsteller nicht verwendet bzw. ausgefüllt. Das Nachlassgericht hat den Antragsteller daraufhin auf die Notwendigkeit der Benutzung des Formblattes aufmerksam gemacht. Dieser ist jedoch der Ansicht, dass die Verwendung des Formblattes fakultativ und nicht obligatorisch sei und hat lediglich das unausgefüllte Formblatt an das Nachlassgericht zurückgesendet.
Das Nachlassgericht hat sodann durch Beschluss den Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss legte der Testamentsvollstrecker Beschwerde ein.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Das OLG hält die Beantwortung der Frage für entscheidungserheblich, ob die Benutzung des Formblattes IV (Anhang 4) gem. Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung zur EuErbVO zur Beantragung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gem. Art. 65 Abs. 2 EuErbVO zwingend erforderlich ist.
Daher hatte das Gericht gem. Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) einzuholen und das Verfahren so lange auszusetzen.
Folgerungen aus der Entscheidung
Für die obligatorische Nutzung des Formblattes könnte der Wortlaut des Art. 1 Abs. 4 der EuErbVO-Durchführungsverordnung sprechen („Für den Antrag auf Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gemäß Artikel 65 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 ist das Formblatt IV in Anhang 4 zu verwenden.“).
Für eine fakultative Nutzung des Formblattes könnte der Wortlaut des Art. 65 Abs. 2 EuErbVO sprechen („… für die Vorlage eines Antrags der Ast. das nach dem Beratungsverfahren nach Artikel 81 Absatz 2 erstellte Formblatt verwenden kann“). Ebenso der Hinweis im Formular IV selbst, dass dieses Formblatt „nicht verbindlich“ ist. Als weitere Problematik kommt die Frage hinzu, ob Art. 1 Abs. 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1329/2014 gegenüber Art. 65 Abs. 2 EuErbVO vorrangig ist.
Da die Entscheidungen des OLG Köln selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann, war es gem. Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.
Praxishinweis
Für die Praxis dürfte die Entscheidung des EuGH für den Arbeitsalltag von großer tatsächlicher Bedeutung sein. Denn die Pflicht zur Benutzung des Formblattes dürfte für den Antragsteller einen größeren bürokratischen Aufwand mit sich bringen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Mehraufwand den Antragstellern erspart bleibt.
OLG Köln, Beschl. v. 06.02.2018 – 2 Wx 276/17
Quelle: Rechtsanwalt Ralf Mangold