Das Verwaltungsgericht Göttingen hat für einen Neubau eines Mehrfamilienhauses festgestellt, dass dieser ein denkmalgeschütztes Ensemble beeinträchtigt. Das Gericht wies darauf hin, dass einzelnen Eigentümern von Wohngebäuden, die Teil einer denkmalgeschützten baulichen Anlage sind, ein Abwehrrecht zusteht, auch wenn das Erscheinungsbild des Einzeldenkmals nicht beeinträchtigt wird.
Darum geht es
Das Gebäude der Klägerin ist Bestandteil eines „Klein-Frankreich“ genannten denkmalgeschützten Ensembles, das in der Zeit um 1700 bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts an der alten Stadtmauer in Hardegsen entstanden war.
Der Beigeladene plante zunächst die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit 9 - 11 Wohneinheiten und 14 - 16 Stellplätzen auf zwei unmittelbar südlich an das Ensemble und die noch erhaltene Stadtmauer anschließenden Grundstücken.
Der beklagte Landkreis Northeim genehmigte nach Einwänden der unteren Denkmalschutzbehörde jedoch nur die Errichtung von 8 Wohneinheiten mit 12 Stellplätzen.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit (erfolglos gebliebenem) Widerspruch und anschließender Klage.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht Göttingen hat der Klage stattgegeben, mit der sich die Eigentümerin des denkmalgeschützten Gebäudes gegen den geplanten Neubau des Mehrfamilienhauses nebst Stellplätzen gewendet hatte. Die Baugenehmigung für den Neubau wurde aufgehoben.
Das Gericht hatte die örtlichen Gegebenheiten besichtigt und bei seiner Entscheidung eine Stellungnahme des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege berücksichtigt.
Nach dem Gericht liegt zwar keine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Wohngebäudes der Klägerin als Einzeldenkmal vor, dafür aber eine solche des denkmalgeschützten Ensembles und somit des Gebäudes der Klägerin als Teil einer unter Denkmalschutz gestellten Gruppe baulicher Anlagen (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1 NDSchG).
Gegen diese Beeinträchtigung stehe der Klägerin ein Abwehrrecht zu. Das gesamten Ensemble, und nicht lediglich Teile davon, bildeten die noch in Teilen erhaltene Stadtmauer nach.
Dieses Erscheinungsbild einer die Altstadt umschließenden Stadtmauer sei nicht mehr gegeben, wenn ein massiver Baukörper im bislang unbebauten Sichtbereich in den Vordergrund trete und eine die historischen Maßstäbe optisch dominierende Position einnehme.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden.
Verwaltungsgericht Göttingen, Urt. v. 12.12.2024 - 2 A 92/22
Quelle: Verwaltungsgericht Göttingen, Pressemitteilung v. 14.01.2025