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Arbeitsrecht -

Bewerbungsverfahren: BAG klärt Entschädigung wegen Diskriminierung

Eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion ist nur zulässig, wenn die Religion eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft darstellt. Das hat das BAG entschieden und einer konfessionslosen Bewerberin eine Entschädigung zugesprochen. In Bewerbungsverfahren sollten Arbeitgeber die AGG-Vorgaben unbedingt beachten.

Sachverhalt

Das Urteil setzt sich mit der Forderung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung aus religiösen Gründen auseinander. Ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland schrieb eine auf zwei Jahre befristete Stelle eines Referenten/einer Referentin (60 %) aus.

Gegenstand der Tätigkeit sollten schwerpunktmäßig die Erarbeitung des Parallelberichts zum deutschen Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention durch Deutschland sowie Stellungnahmen und Fachbeiträge und die projektbezogene Vertretung der Diakonie Deutschland gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschrechtsorganisationen sowie die Mitarbeit in Gremien sein. Der Parallelbericht sollte in Beratung mit Menschenrechtsorganisationen und weiteren Interessenträgern erstellt werden.

In der Stellenausschreibung hieß es zudem: „Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus. Bitte geben Sie Ihre Konfession im Lebenslauf an.“

Eine Bewerberin war konfessionslos, schickte aber trotzdem ihre Unterlagen und wurde dann erwartungsgemäß nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Arbeitgeber besetzte die Stelle dann mit einem evangelischen Bewerber. Daraufhin wollte die konfessionslose Bewerberin eine Entschädigung von knapp 3.000 € erhalten.

Sie meinte, der Arbeitgeber habe sie entgegen den Vorgaben des AGG wegen der Religion benachteiligt, da sie die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten habe. Der Beklagte hat eine Benachteiligung der Klägerin wegen der Religion in Abrede gestellt, jedenfalls sei die Benachteiligung nach § 9 Abs. 1 AGG gerechtfertigt. Das LAG hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Revision hatte vor dem BAG teilweise Erfolg. Das Werk der Evangelischen Kirche wurde verpflichtet, eine Entschädigung i.H.v. 3.915,46 € zu zahlen, denn die Bewerberin war wegen ihrer Religion benachteiligt worden. Diese Benachteiligung war nicht nach § 9 Abs. 1 AGG ausnahmsweise gerechtfertigt.

Nach § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft bzw. Einrichtung darstellt.

Hier bestanden erhebliche Zweifel an der Wesentlichkeit der beruflichen Anforderung. Jedenfalls war die berufliche Anforderung nicht gerechtfertigt, weil im konkreten Fall keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr bestand, dass das Ethos des Werks der Evangelischen Kirche beeinträchtigt werden würde. Der Höhe nach hat das BAG die Entschädigung auf zwei Bruttomonatsverdienste festgesetzt.

Folgerungen aus der Entscheidung

Ein Blick auf die zentrale Norm des Entschädigungsanspruchs (§ 15 Abs. 2 AGG) ist auch in dem Fall der Diskriminierung wegen der Religion unerlässlich: „Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.“

Wichtig ist, dass Arbeitnehmern und Bewerbern bei einer Klage nach dem AGG eine Beweiserleichterung zukommt. Danach müssen sie lediglich Indizien vorbringen und beweisen, nach denen eine Diskriminierung vorliegen könnte. Dann hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass kein Verstoß gegen das AGG vorliegt.

Das AGG will Diskriminierungen verhindern, ahndet aber auch nicht jede Ungleichbehandlung. Das Gesetz hat das Ziel, Benachteiligungen aufgrund

  • der Rasse,
  • der ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters oder
  • der sexuellen Identität

zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG). Verboten sind grundsätzlich alle Verhaltensweisen, die eine unmittelbare Benachteiligung, eine mittelbare Benachteiligung, eine Belästigung oder gar eine sexuelle Belästigung aufgrund eines Diskriminierungsmerkmals darstellen (§ 3 AGG).

Praxishinweis

Rechtsberater auf Arbeitgeberseite sollten ihrer Mandantschaft raten, in Bewerbungsverfahren sämtliche Schritte protokollieren. Gleiches gilt im Übrigen für Arbeitnehmer, die eine Diskriminierung vermuten. Liegen Indizien vor, sollten diese möglichst wörtlich festgehalten werden. Denn die Indizien für eine Benachteiligung müssen auch weiterhin von benachteiligten Arbeitnehmern und Bewerbern dargelegt und bewiesen werden.

BAG, Urt. v. 25.10.2018 – 8 AZR 501/14

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader