Ein Überblick über die Verfolgung von Verkehrsverstößen im Ausland.
Jedes Jahr aufs Neue fahren viele Millionen Deutsche mit dem eigenen Pkw, dem Motorrad oder dem Campingbus ins europäische Ausland, um dort ihren Urlaub zu verbringen oder mieten sich am Zielort ein Fahrzeug, um flexibel die Urlaubsregion erkunden zu können. Dabei dürften den meisten Kraftfahrern die ausländischen Bußgeld- und Strafvorschriften für Verkehrsverstöße im Ausland wohl selten geläufig sein, da diese in vielen Punkten von den deutschen Vorschriften abweichen.
Informieren Sie Ihre Mandanten über diewichtigsten landesspezifischen Verhaltens- und Verfahrensregeln in den benachbarten bzw. beliebtesten europäischen Reiseländern. Denn, wer die Verkehrsvorschriften des bereisten Landes nicht genau kennt und sie deshalb nicht oder nicht richtig beachtet, riskiert oft schon bei geringen Verkehrssünden empfindliche Sanktionen, z.B. in Form von drastischen Geldbußen und Fahrverboten.
Die Unterschiede zum deutschen Recht sind in mancher Hinsicht gravierend und die teilweise drakonischen Straffolgen für einen deutschen Kraftfahrer nur schwer verdaulich. Zum einen fallen Bußgelder im Ausland häufig höher aus als bei vergleichbaren Verstößen in Deutschland, zum anderen kann den Fahrzeughalter, anders als in Deutschland, unter Umständen sogar eine Haftung für Verkehrsordnungswidrigkeiten treffen.
Wer auf ausländischen Straßen unterwegs ist, unterliegt dem dort geltenden Verkehrsrecht. Es gelten also immer die ausländischen Regeln bezüglich des jeweiligen Tempolimits, der Vorfahrtsregeln, der Promillegrenzen, etc. Darüber hinaus gelten aber nicht nur die ausländischen Verkehrsregeln, sonder auch die jeweiligen Verfahrensregeln.
Bisher konnten und können rechtskräftige ausländische Entscheidungen zu Verkehrsordnungswidrigkeiten in Deutschland weder von den ausländischen noch von den deutschen Behörden im Heimatland vollstreckt werden. Eine Ausnahme hierzu bilden lediglich rechtskräftige Entscheidungen aus Österreich.
Aus rechtskräftigen ausländischen Entscheidungen über Verkehrsordnungswidrigkeiten kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt grundsätzlich nur - mit Ausnahme von Österreich - im Tatortland vollstreckt werden. Auch wenn die Vollstreckbarkeit somit gegenwärtig noch stark eingeschränkt ist, sollte man dies beachten, wenn man sich häufiger oder zumindest wiederholt in dem betreffenden Land aufhält.
Die bisher mit ausländischen Staaten bestehenden Rechtshilfevereinbarungen beinhalten - soweit sie bei Verkehrsordnungswidrigkeiten zur Anwendung gelangen - nur Amtshilfe in Form der Hilfe der inländischen Behörden bei der Zustellung von Entscheidungen, Ladungen und dergleichen. Die Vornahme von Vollstreckungshandlungen ist hiervon nicht umfasst. Vollstreckungshilfe wird daher von deutschen Behörden nicht gewährt.
Nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers werden sich die Regelungen hinsichtlich der Vollstreckbarkeit von ausländischen Bußgeldern jedoch grundlegend ändern. In naher Zukunft wird es so sein, dass rechtskräftige Entscheidung über Verkehrsverstöße im EU-Ausland im Heimatland verfolgt werden können!
Voraussichtlich Anfang 2009 wird der EU-Rahmenbeschluss zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Geldsanktionen auch in Deutschland umgesetzt werden. Ein konkreter Gesetzesentwurf der Bundesregierung liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar noch nicht vor, er ist aber Ende 2008 zu erwarten. Die Umsetzung der Vorgaben des EU-Rahmenbeschlusses erfolgt in Deutschland voraussichtlich im Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) oder im Europäischen Geldsanktionsgesetz.
Weitere Beiträge aus der Reihe Verkehrsverstöße im Ausland von RechtsanwaltJörg Bister:
- Verkehrsverstöße im Ausland - Belgien
- Verkehrsverstöße im Ausland - Niederlande
- Verkehrsverstöße im Ausland - Österreich
- Verkehrsverstöße im Ausland - Schweiz
- Verkehrsverstöße im Ausland - Italien
- Verkehrsverstöße im Ausland - Frankreich
- Verkehrsverstöße im Ausland - Spanien
- Vollstreckung von Bußgeldern und Verkehrssanktionen in Europa, Beitrag von Rechtsanwalt Jörg Bister vom 14.04.2008
Weiterführende kostenlose Downloads zu diesem Thema:
Informationen des ADAC zu diesem Thema im Internet:
EU-Regelungen zu diesem Thema im Internet:
- Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24.02.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen mit dem Standardformular der Bescheinigung nach Art. 4 des Rahmenbeschlusses im Anhang (ABl. EU vom 22.03.2005 - L 76/16 DE)
- Vertrag über die grenzüberschreitende polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit (deutsch-schweizerischer Polizeivertrag) vom 27.04.1999, (BGBl. II, 2001 Nr. 29 Seite 948 - nicht online verfügbar),
Berichtigung: siehe BGBl. II 2003 Nr. 13 Seite 506
- Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen (BGBl. 1990 II S. 358)
Quelle: Rechtsanwalt Jörg Bister - Beitrag vom 11.07.08