Eine Mutter trifft kein Verschuldensvorwurf, wenn sie beim Anschnallen ihres Kindes in einem am Straßenrand parkenden Pkw die hintere Tür auf der Fahrerseite des Pkw öffnet und diese Tür von einem herannahenden Pkw allein deshalb beschädigt wird.
Dies gilt zumindest dann, wenn der Fahrer den erforderlichen Seitenabstand nicht eingehalten hat.
Sachverhalt:
Die Ehefrau des Klägers parkte den Pkw des Klägers am 15.12.2006 erlaubter Weise am rechten Fahrbahnrand des D.-Wegs in Bremerhaven. Nachdem sie Einkäufe erledigt hatte, setzte sie von der Beifahrerseite aus zunächst ihren Sohn auf seinen Kindersitz und schnallte ihn an. Dann ging sie, ohne dass ein herannahendes Fahrzeug zu sehen gewesen wäre, mit der jüngeren Tochter auf dem Arm von hinten um den Wagen herum, um das Kind von der Fahrerseite aus hinzusetzen. Als sie, am Fahrbahnrand stehend, die hintere Fahrzeugtür zu Dreiviertel geöffnet hatte, vergewisserte sie sich nochmals der Verkehrslage und schnallte die Tochter an. In diesem Moment fuhr der 83-jährige Beklagte in der Annahme ausreichenden Abstand gewahrt zu haben, gegen die in die Fahrbahn hineinragende Tür des Klägerfahrzeuges. Es entstand ein Sachschaden von insgesamt EUR 6.070,82.
Das Landgericht hat ein Mitverschulden der Ehefrau von 40% angenommen und die Klageforderung entsprechend gekürzt. Der Kläger selbst geht von einer Haftungsquote von 20% aus und greift das Urteil des Landgerichts an, soweit er zu einer Quote von mehr als 20% verurteilt wurde.
Entscheidung:
Die Berufung hatte Erfolg. Zur Begründung hat das OLG Bremen ausgeführt, dass die Ehefrau des Klägers nach § 14 der Straßenverkehrsordnung zwar verpflichtet gewesen sei, sich so zu verhalten, dass durch das Öffnen der Pkw-Tür eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Anders als das Landgericht war das OLG aber nicht der Auffassung, dass die Ehefrau des Klägers beide Kinder von der Beifahrerseite aus in ihre Kindersitze hätte setzen müssen. Nach den - unstreitigen - Feststellungen des Landgerichts hatte sich die Ehefrau des Klägers vor und während des Einsteigemanövers hinreichend vergewissert, dass sich kein rückwärtiger Verkehr näherte. Eine Gefährdung im Sinne des § 14 StVO könne aber nur dann angenommen werden, wenn das Öffnen der Tür unvermittelt geschehe und einen anderen Verkehrsteilnehmer zu plötzlichem Reagieren zwinge. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen, weil der Beklagte die Gefahrensituation richtig erkannt und sich lediglich bei dem notwendigen seitlichen Abstand zum Klägerfahrzeug verschätzt hatte.
Quelle: OLG Bremen - Pressemiteilung vom 29.05.08