Die Regelung, dass die Kaskoversicherung nach einem Autodiebstahl lediglich den Nettowiederbeschaffungswert eines des Pkw erstatten muss, verstößt nicht gegen § 307 BGB.
In dem der Entscheidung des OLG Celle zugrundeliegenden Fall sahen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) vor, dass die Umsatzsteuer nur dann ersetzt wird, wenn und soweit sie für den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Versicherungsnehmer tatsächlich angefallen ist. Das war bei der Antragstellerin nicht der Fall, da sie nach dem Diebstahl des Fahrzeugs keinen neuen PKW angeschafft hat.
Ihre Klage auf Erstattung der Mehrwertsteuer war erfolglos.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Auslegung der Vertragsklausel ergibt, dass auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, auf dessen Sichtweise es bei der Auslegung von Versicherungsbestimmungen ankommt, nicht davon ausgehen, kann, die Regelung beziehe sich nur auf Beschädigung und/oder Zerstörung des Fahrzeugs.
Die so verstandene Klausel verstößt nicht gegen § 307 BGB.
Zunächst liegt keine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB vor, weil es ein solches bereits nicht gibt (BGH VersR 2006, 1066). Insbesondere stellen die §§ 249 ff. BGB kein solches gesetzliches Leitbild dar, da sie lediglich Art und Umfang einer Schadensersatzleistung regeln, den Schaden aber nicht definieren.
Hinzu kommt, dass die Regelung des § 13 Abs. 7 S. 2 AKB für den hier zu beurteilenden Fall des Verlustes des Fahrzeugs tatsächlich auch überhaupt nicht von den §§ 249 ff BGB abweicht. Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB schließt bei der Beschädigung einer Sache der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. § 251 BGB findet auf Fälle, in denen nach Zerstörung, wirtschaftlichem Totalschaden oder Sachentziehung die Beschaffung eines gleichartigen und gleichwertigen Fahrzeugs möglich ist, keine Anwendung. Insoweit handelt es sich um einen Fall der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB. Da in diesen Fällen mithin auch § 249 Abs. 2 S. 2 BGB zur Anwendung kommt, erfolgt ein Ersatz der Mehrwertsteuer bei Verlust des Fahrzeugs nur dann, wenn sie angefallen ist.
Die Klausel gefährdet auch nicht die Erreichung des Vertragszwecks nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB (BGH VersR 2006, 1066). Dem Versicherungsnehmer bleibt es unbenommen, nach dem Diebstahl des Fahrzeugs eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen und die angefallene Mehrwertsteuer vom Versicherer zu verlangen. Unterlässt er dies und rechnet auf fiktiver Basis ab, so ist nicht ersichtlich, warum er auch berechtigt sein sollte, die Mehrwertsteuer zu verlangen, obwohl diese ihm nicht zusteht und ihre fehlende Erstattung bei ihm auch zu keinem Vermögensopfer führt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Kaskoversicherung ihrer Natur nach ohnehin nicht auf vollen Ersatz des Vermögensschaden ausgerichtet ist, sondern Beschränkungen wie den Ausschluss von Sachfolgeschäden und der Wertminderung sowie die Vereinbarung von Selbstbeteiligungen vorsieht. Infolgedessen ist hier auch ein Ausschluss der fiktiven Abrechnung der Mehrwertsteuer nicht zu beanstanden.
Schließlich wird der Versicherungsnehmer durch die fehlende Erstattungsfähigkeit überhaupt nicht angefallener Mehrwertsteuer auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt. Ist Mehrwertsteuer angefallen, erhält der Versicherungsnehmer sie ersetzt. Ist sie mangels Ersatzbeschaffung nicht entstanden und belastet den Versicherungsnehmer mithin auch nicht, so ist nicht ersichtlich, wieso er durch die Beschränkung des Ersatzes auf den Nettobetrag unangemessen benachteiligt werden sollte.
Quelle: Online Redaktion - Beitrag vom 19.05.08